Grafschaft Hauenstein ist die Bezeichnung für eine politisch-geografische Verwaltungseinheit im Südschwarzwald, zur Zeit der Herrschaft des Hauses Habsburg über Vorderösterreich. Eine Besonderheit der Grafschaft ist die frühe Entwicklung einer weitgehenden demokratischen Selbstverwaltung innerhalb der Staatshoheit der Habsburger.
Begriff – Grafschaft Hauenstein
Die Bezeichnung Grafschaft Hauenstein ist im Lauf der Geschichte gewachsen und wird erstmals um 1562 in einem Memorandum der Einungsmeister verwendet. Am Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert wird in einem Habsburger Urbar das Verwaltungsgebiet officium uffem Walde vnd ze Waltzhuot genannt. Die Bewohner der Region wurden im 14. Jahrhundert als lüte uff dem swartzwald geführt.
1383/85 kommt in den Urkunden die Bezeichnung Vogtei (zu) Hauenstein, nach dem damaligen Verwaltungssitz der Habsburger auf der Burg Hauenstein, für das Verwaltungsgebiet zur Anwendung. Bevor schließlich die endgültige Bezeichnung Fuß fasst, taucht Anfang des 16. Jahrhunderts für ein knappes halbes Jahrhundert die Bezeichnung Herrschaft Hauenstein noch auf.
Geografische Lage und Gliederung
Die Grafschaft Hauenstein bezeichnet ein Gebiet im Südschwarzwald und wird oft mit dem erst nach dem Ende der Grafschaft entstandenen Regionsbegriff Hotzenwald gleichgesetzt. Das Gebiet der Grafschaft selbst erstreckt sich vom Hochrhein im Süden bis auf die Höhen des Südschwarzwaldes südlich von St. Blasien und um Höchenschwand im Norden. Im Westen verläuft die Grenze an den Hängen und im Tal der Wehra. Im Osten bilden die Schlücht und die Schwarza im Wesentlichen die Grenze. Die im Nordwesten dieses Gebietes gelegenen Vogteien Todtmoos (am Oberlauf der Wehra), Schönau und Todtnau (am Oberlauf der Wiese) wurden in Verwaltungseinheit mit der Grafschaft Hauenstein mitverwaltet. Für kurze Zeit war auch der Berauer Berg im Nordosten verwaltungstechnisch an die Grafschaft angegliedert.
Die selbstverwaltete Verwaltungseinheit der Grafschaft Hauenstein setzte sich auch 8 Gebieten zusammen, die sogenannten Einungen (siehe Detail-Karte). Je vier dieser Einungen bildeten wiederum eine, für einige interne Verwaltungsdetails maßgebende, Einheit.
Die eine Einheit von vier Einungen waren die ob der Alb, die östlich der Alb liegenden Einungen Höchenschwander Berg, Birndorf und Dogern, denen aus Paritätsgründen auch die Einung Wolpadingen westlich der Alb zugeordnet wurde.
Die zweite Einheit von vier Einungen waren die nied der Alb, die (restlichen) westlich der Alb liegenden Einungen Görwihl, Rickenbach, Murg und Hochsal.
Ein topografisches Merkmal der Grafschaft Hauenstein und der damals mitverwalteten Vogteien ist die überwiegende Hochlage der Gebiete, die in Nord-Süd-Richtung durch tiefe und damals schwer zugängliche Schluchten durchzogen sind.
Entstehung
Die Bildung der Grafschaft Hauenstein steht in engem Zusammenhang mit der Urbarmachung und Besiedelung der mittleren (ca. 500–800 m ü. NN) und höheren (über 800 m ü. NN) Lagen des Südschwarzwaldes. Ob der im 8. Jahrhundert belegte Begriff Albgau überhaupt diese Gebiete des Südschwarzwaldes umfasste ist nicht sicher. Zu dieser Zeit war der Wald ein Urwald ohne bekannte Siedlungen oder Wege. Lediglich die Niederungen und mittleren Lagen des Hochrheins waren seit langem besiedelt.
Es bleibt zu untersuchen, ob die demokratische Selbstverwaltung der Grafschaft Hauenstein, die genau genommen nie eine Grafschaft war, wie allgemein angenommen erst im Spätmittelalter entstand oder ob es sich dabei nicht etwa um ein Überbleibsel der uralamannischen, genossenschaftsähnlichen, Selbstverwaltungseinheit einer Huntare handelt. Auch Cramer teilt die Ansicht, dass es sich bei der Grafschaft Hauenstein und der Landgrafschaft Stühlingen wohl um die alten Huntaren des Gaues handelt. Weiter führt er an: “Wenn der Klettgau und Albgau keine Huntaren waren, so ist es glaubhaft, dass sie je aus mehreren Huntaren bestehende Teilgaugrafschaften waren”. Die Grenze der beiden Huntaren, die ab dem 11. Jahrhundert als “Oberer-” und “Unterer-Albgau” geteilt erscheinen, bildete die Schwarzach-Schlucht.
Um die Jahrtausendwende begannen die ersten Vorstöße zur Besiedlung der mittleren und höheren Lagen des Südschwarzwaldes. Belegt ist die federführende Beteiligung von Klöstern und weltlichen Herren.
Karte der 8 Einungen der Grafschaft Hauenstein mit angegliederten Vogteien nach einer Tabelle von 1780
Anmerkung zur o. Karte: Den Begriff „Schweiz“ als Land, wie hier in der Karte fälschlich angezeigt, diese Bezeichnung gab es 1780 noch nicht, wohl eher die „Eidgenossenschaft“ und in Napoleonischer Zeit nannte man den Zwangsbund „Helvetische Republik“ und erst 1848 spricht man im Sprachgebrauch von „Schweizerische Eidgenossenschaft“.
Landnahme durch Klöster
Vom Hochrhein aus erweiterte das Friedolinsstift Säckingen seine Besitzungen ab dem 9. Jahrhundert durch Ansiedlung von Lehenhöfen und Gründung einzelner Siedlungen in den mittleren Lagen von Dossenbach, westlich der Wehra, bis nach Birkingen, östlich der Alb. Später erweiterte das Kloster seine Rodungstätigkeit nach Norden bis Göhrwihl und auf die Gebiete um Herrischried.
Tief im Südschwarzwald bildet im 9. Jahrhundert die Gründung der Cella alba, das spätere Kloster St. Blasien, eine Keimzelle für die Rodung der Wälder. Von hier aus werden zunächst das Obere Albtal zwischen St. Blasien und Menzenschwand urbar gemacht, danach die Gegend um Höchenschwand.
Das Kloster St. Gallen erhält noch vor der Jahrtausendwende Besitzungen am Unterlauf der Schlücht, insbesondere am Weilheimer Berg, und baut diese aus.
Kleinere Klöster, wie das in Detzeln/Riedern a. Wald (Herren von Krenkingen) und in Neuenzell (Herren von Tiefenstein), werden von weltlicher Siedlungsaktivitäten nach sich gezogen.
Landnahme weltlicher Herren
Um die Jahrtausendwende beteiligte sich auch der niedere, lokale Adel an der Besiedlung des Waldes.
Die Herren v. Wehr bauten im unteren Wehratal und am Osthang der Wehra bis hinauf auf den Hornberg ihr Gebiet aus und übten ab 1092 die Vogteirechte über St. Blasien aus. Nach deren Aussterben fiel die Herrschaft Wehr an die Freiherren von Klingen.
Auch die Herren von Tegerfelden müssen umfangreiche Besitzungen im Gebiet um Birndorf gehabt haben der durch Heirat Ita, der Erbtochter Walter von Tegerfelden, ebenfalls an die Freiherren von Klingen überging. Das Wappen von Birndorf zeigt hälftig das Wappen der Herren von Klingen.
Die Herren v. Tiefenstein wurden nach der Jahrtausendwende am Unterlauf der Alb ansässig und brachten Freibauern dazu in ihrem Gebiet, den Hochlagen links und rechts der Alb, Rodungen anzulegen.
Die Herren von Krenkingen betrieben im 12. Jahrhundert die Kultivierung von Gebieten am Unterlauf der Schlücht und der Steina.
Zwischen der Mettma und dem Oberlauf der Steina betrieben die Grafen von Nellenburg die Kultivierung und Besiedlung von Gebieten.
Habsburger Gebietsgewinne
Das aufsteigende Haus Habsburg bringt nach der Jahrtausendwende die Gebiete im Südschwarzwald unter seinen Einfluss. Im späteren Gebiet der Grafschaft Hauenstein gewinnt Habsburg an Macht durch Ansammeln und Durchsetzen von Rechten:
1173 Reichsvogteirechte über das Damenstift Säckingen
1254 Reichsvogteirechte über das Kloster St. Blasien und den Südschwarzwald (Swarzwalt)
1263 Erbe derer v. Kyburg mit Gebieten im Südschwarzwald fällt an Habsburg
1265 Zerstörung des v. Tiefensteiner Klosters Neuenzell (Unteribach) und Neugründung in Habsburger Obhut
1272 Einnahme der Burg Wehr
1272 Zerstörung der Burg Tiefenstein
1273 das Amt Wehr fällt an Habsburg
Anfang des 14. Jahrhunderts bezeichnet die habsburgische Verwaltung erstmals die Gebiete als officium uffem Walde vnd ze Waltzhuot. Landvogt ist zu dieser Zeit Johannes II. von Waldburg.
Politische Struktur
Strukturschema der demokratischen Selbstverwaltung der Grafschaft Hauenstein und der Beziehung zur Feudal- und Landeshoheit
Die politische Struktur der Grafschaft Hauenstein hatte zur Zeit der Habsburger Herrscher, abgesehen von Zeiten der Verpfändung, drei Teile. Den hoheitlichen Teil, der vom Haus Habsburg wahrgenommen wurde, den feudalherrschaftlichen Teil, der sich auf verschiedene Feudalherren aufteilte und den selbstverwalteten Teil, der von den Bewohnern der Grafschaft in einer frühen demokratischen Struktur gestaltet wurde.
Hoheitliche Herrschaft
Die Grafschaft Hauenstein war über die ganze Zeit ihrer Existenz Teil des Hauses Habsburg. Nachdem die Habsburger ihr Machtzentrum nach Österreich verlagert hatten zählte die Grafschaft zu Vorderösterreich. Zur Verwaltung Vorderösterreichs waren zunächst in Ensisheim, nach dem Dreißigjährigen Krieg in Freiburg im Breisgau, eine Landesregierung und eine Kammer eingesetzt.
Unter der vorderösterreichischen Landesregierung hatte der Waldvogt die Verwaltung der Grafschaft Hauenstein inne. Dem Waldvogteiamt unterstanden auch die Vogteien Todtmoos, Schönau und Todtnau. Von 1527 bis 1789 war der Waldvogt auch gleichzeitig Stadtoberhaupt der vorderösterreichischen Waldstadt Waldshut.
Stellvertreter des Waldvogtes waren in den Einungen nid der Alb je ein Vogt, in den Einungen ob der Alb für Birndorf und Dogern sowie Wolpadingen und Höchenschwander Berg je ein Vogt.
Die Vögte wurden aus jeweils zwei von den Einungsmeistern vorgeschlagenen Personen und dem amtierenden Vogt vom Waldvogt bestimmt.
Hoheitliche Rechte und Pflichten der Habsburger
hoheitliche Rechte:
- Steuerhoheit
- Bußgelder und Strafdienste
- Verpfänderecht
- Anspruch auf Militärdienste
hoheitliche Pflichten:
- Schutz der Bewohner
- hochgerichtliche Rechtsprechung
- Garantie der Freiheitsrechte
Feudalherrschaft
Die Feudalherrschaft begründete sich auf einer Ansammlung überlieferte Rechte die sich in der Grafschaft Hauenstein das Kloster St. Blasien, das Stift Säckingen und das Geschlecht der Barone Zweyer von Evenbach teilten.
Die Feudalherren hatten unter anderem Anspruch auf Frondienste und Abgaben meist in Form von Naturalien. Sie übten die Niedergerichtsbarkeit aus. Teilweise wurden Abgaben, wie das beste Kleidungsstück im Leibfall (Todesfall eines Familienoberhauptes), an bedürftige gegeben.
Hauensteiner Tracht
Hauensteinische Selbstverwaltung
Ziemlich einzigartig im absolutistischen Zeitalter waren die frühen demokratischen Strukturen der Hauensteinischen Selbstverwaltung, die auch als Einungswesen bezeichnet wird. Im Rahmen der hoheitlichen Vorgaben wurden die Aufteilung und das Eintreiben von Steuern eigenverantwortlich durchgeführt. Des Weiteren wurden die militärischen Dienste und Lasten die meiste Zeit eigenverantwortlich geregelt. Die Einungsmeister hatten in einigen Orten die niedere Gerichtsbarkeit eigenständig inne und saßen bei anderen Gerichten dem Verfahren bei. Die Einungen waren mit zwei Einungsmeistern bei den wöchentlichen Amtstagen im Waldvogteiamt präsent und hatten ein Vorschlagsrecht bei der Benennung der Vögte.
Die Verwaltung der Grafschaft Hauenstein hatte im Wesentlichen folgende Organe:
Der Redmann, ein Einungsmeister, als Sprecher der gesamten Grafschaft Hauenstein.
Die 8 Einungsmeister bzw. Achtmannen als Sprecher der jeweiligen Einung.
Die Dorfmeier, die in größeren Dörfern das Dorf vertraten.
Die wesentlichen Kennzeichen dieser demokratischen Selbstverwaltung waren:
Die Besetzung der Verwaltungspositionen durch frei, gleich und unabhängig gewählte Männer. Dabei war die Gleichheit bei der Wahl und bei der Wählbarkeit grundsätzlich auf verheiratete Männer, ungeachtet ob Freibauern und Leibeigene, beschränkt. Frauen und ledige Männer waren diesbezüglich rechtlos.
Jährlicher Wechsel der Person, die ein leitendes Amt bekleidete (Rollierendes System).
Interessenausgleich durch abwechselnden Anspruch auf die Besetzung der Position des Redemann aus den Einungen nied und ob der Alb und den Gespann, ein beigeordneter Einungsmeister, der zusätzlich eine Kontrollfunktion innehatte.
Für die Ausformung dieser frühen demokratischen Struktur liegen zwei wahrscheinliche Gründe nahe:
Das Freibauerntum in der Grafschaft, das zur Zeit der Urbarmachung mit besonderen Rechten ausgestattet wurde, um die Bauern zur Besiedlung der unwirtlichen Höhen des Südschwarzwaldes zu motivieren.
Die Selbstverwaltungsstruktur wuchs zeitversetzt zu Entstehung der Eidgenossenschaft in der benachbarten Schweiz, die Vorbild waren und von schweizstämmigen Siedlern in der Grafschaft befördert wurden.
Ständevertreter
Die Grafschaft Hauenstein war als Vertreter des dritten Standes mit Sitz und Stimme in der vorderösterreichischen Kammer durch den Redmann und 2 Einungsmeister vertreten.
Störungen der Selbstverwaltung
Die Selbstverwaltung in der Grafschaft Hauenstein funktionierte über die Jahrhunderte ihrer Existenz hinsichtlich ihrer Regeln und Kontinuität mit einer bemerkenswerten Zuverlässigkeit. Dennoch gab es Zeiten gravierender Störungen:
Die aktive Mitwirkung eines Großteils der Grafschaftsbewohner an den Bauernaufständen von 1524/25 führte zur Aberkennung der Privilegien durch den Landesherrn, was eine knapp zweijährige Unterbrechung der Selbstverwaltung nach sich zog. 1527 wurden jedoch die Privilegien aus politischen Erwägungen wieder zurückerstattet.
Der Dreißigjährige Krieg, der den Landstrich existenziell in Mitleidenschaft zog, machte in den 30er und 40er Jahren des 17. Jahrhunderts eine Verwaltung, auch durch den Landesherrn, die meiste Zeit völlig unmöglich.
Im Verlauf der zu Beginn des 18. Jahrhunderts aufflammenden Salpeterer-Unruhen wurden mehrmals durch den Landesherrn Wahlen annulliert, verboten und Wahlämter vom Landesherrn besetzt. Nach dem die Unruhen bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus anhielten wurden die meisten Selbstverwaltungsprivilegien entzogen. Bezüglich der Einungsmeister stand den Einungen nur noch ein Vorschlagsrecht für drei Kandidaten zu. Die Mitwirkung bei der Rechtsprechung büßte die Grafschaft gänzlich ein.
Militärische Struktur
Der wichtigste Beitrag der ansonsten eher wirtschaftsschwachen Grafschaft Hauenstein mit den angeschlossenen Vogteien, den Waldstädten und dem Zwing und Bann des Klosters St. Blasien für die Landeshoheit war die Landt Miliz, der sogenannte Landfahnen.
Hauensteiner Landfahnen
Der Landfahnen bestand aus dafür ausgewählten bzw. abgestellten Männern und wurde bei Bedarf zur Verteidigung oder für Kampfeinsätze in den Kriegen der Habsburger außerhalb des Südschwarzwaldes einberufen. Im Einungsvertrag mit den Vogteien von 1433 wird das Verhältnis der Aufteilung des zu stellenden Miliz-Kontingentes wie folgt festgelegt: … sollent die uff dem walde haben drey teil vndt die von Tottnow und Schönöw den vierden teil ….
Zur Zeit der Verpfändung an Burgund (1471) wird die Stärke der Miliz mit 600 Mann angegeben. Zu dieser Zeit gehören dem Landfahnen auch Männer aus der vogteye Berow (Vogtei Berau) an. Im kurz darauf (1471) geführten Krieg gegen den Pfandherren Burgund wird die Stärke des Landfahnen mit 1000 Mann angegeben.
Als regulären Hauptmann der Miliz auf dem Schwarzwald im Ernstfall wird gegen Ende des 15. Jahrhunderts der Waldvogt benannt. 1528 wurde statt des Waldvogts ein Hauptmann für den Landfahnen durch die vorderösterreichische Regierung ernannt. Während des Spanischen Erbfolgekriegs war der Luttinger Pfarrer Johann Caspar Albrecht Kommandant des Landfahnens. Während dieser Zeit (1703) wird eine Stärke des Landfahnen von 906 Mann genannt.
Hauensteiner Schlachtbanner (Schlacht bei Sempach)
Verteidigungsanlagen
Die Berge und Schluchten des Südschwarzwaldes eigneten sich besonders zur Errichtung von Verteidigungslinien. In der Grafschaft Hauenstein wurden zwei Verteidigungslinien ausgebaut, unterhalten und bei Bedarf besetzt. Die Schanzarbeiten an diesen Anlagen waren Teil des Militärdienstes der Landfahnen.
Schwarzwaldlinie
Die Schwarzwaldlinie (mangels belegter Bezeichnung so genannt) erstreckte sich von Rothaus am Hochrhein, westlich der Gemeinde Murg, über die Festung Rheinsberg hinauf über die nördlichen Abhänge, folgte diesen Richtung Westen und verlief danach hoch über den östlichen Abhängen zum Wehratal weit über das Gebiet der Grafschaft hinaus nach Norden in den Schwarzwald. Die Anlage war nach der Kartierung zu schließen die bedeutendste Fortifikationslinien im Schwarzwald und erreichte im 18. Jahrhundert ihre größte Ausdehnung. Sie entstand unter Einbeziehung älterer mittelalterlicher Verteidigungsanlagen und -stellungen und war weitgehend befestigt. Die im hauensteinischen Gebiet als Wallmauer oder Landsletze bezeichnete Anlage diente als Bollwerk gegen Angriffe aus dem Westen, insbesondere bei den Kriegen gegen Burgund und Frankreich.
Landhag
Der Landhag war eine Verteidigungslinie gegen Angreifer, die aus dem Hochrheintal nach Norden vorstoßen wollten. Dieser bestand neben wenigen befestigten Stellungen im Wesentlichen aus Waldgürteln, die sich in west-östlicher Richtung erstreckten. Diese wurden im Ernstfall durch das Fällen von Bäumen undurchdringlich gemacht. In der Charte von Schwaben – Blatt Wutach aus dem Jahre 1827 ist Der Landhag zwischen Alb und Schwarza noch in voller West-Ost-Ausdehnung kartiert.
Letzen
Die Letzen waren Verteidigungsstellungen an strategisch günstigen Orten, wie Schluchteingänge und entlang der zwei Verteidigungslinien.
Burgen
Im frühen Mittelalter wurden zur Sicherung des Landes Burgen angelegt. Bekannte Burgen im Gebiet der Herrschaft Hauenstein sind: Die gleichnamige Burg Hauenstein (Hauenstein), Iburg (Görwihl), Burg Tiefenstein, Burg Gurtweil, Burg Wieladingen, Burg Rheinsberg
Ausschnitt einer historischen Kartierung einer Befestigungslinie im Südschwarzwald um 1700
Gerichtswesen
Das spätmittelalterliche Gerichtswesen gliederte sich in die hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Die hohe Gerichtsbarkeit oblag in der Grafschaft Hauenstein nahezu vollständig dem Landesherrn. Eine Ausnahme bildet der Ort Unteralpfen in dem zeitweise der dortige Feudalherr Zweyer mit der hohen Gerichtsbarkeit belehnt wurde. Allerdings war auch hier der Blutbann, also blutige Strafen, namentlich die Todesstrafe, ausgenommen.
Die sachliche Zuständigkeit der Hochgerichtsbarkeit umfasste Malefizdelikte (Kapitalverbrechen) und den Blutfall (Tötungsdelikte) sowie politische Straftaten, wie empörung, aufständt, Ungehorsamkeit (z. B. Verweigerung der Huldigung) usw. Diese Strafsachen gingen entweder direkt über das Waldvogteiamt an eine höhere Instanz der vorderösterreichischen Gerichte in Ensisheim, später Freiburg, ggf. Innsbruck bzw. Wien oder wurden bei den Landgerichten unter Vorsitz des Waldvogts und Einbeziehung der Einungsmeister verhandelt. Gerichtsorte waren Hauenstein und Gurtweil, ab 1652 Albbruck und Waldshut. Das Strafmaß des Waldvogts reichte bis 100 Taler, was 1582 umgerechnet 3400 Schilling entsprach. (In späteren Jahren unterlag der Taler, das silberne Gegenstück zum Gulden, allerdings einer deutlichen Inflation.)
Den an die Grafschaft grenzenden Waldstädten Säckingen (1467) und Waldshut (1530) wurde die hohe
Gerichtsbarkeit als Anerkennung verliehen. Das Klosters St. Blasien (1597) hatte die hohe Gerichtsbarkeit über den im Norden an die Grafschaft grenzenden Zwing und Bann pfandweise erworben.
(Orte gemäß: ‘Verzeichnis der Grafschaft Hauensteinischen Einungen, deren dazugehörigen Ortschaften, auch derendrey Vogteyen, Schönau, Todtnau, und Todmoos.’ aus dem Jahre 1783 auf der Grundlage des Originaldokumentes [GLA 113 Nr. 31]. Die Angaben in Klammern () beziffern, bedingt zuverlässig, die Veränderungen bezogen auf die Zeit vor 1783.)
Niedergerichte
Die niedere Gerichtsbarkeit für die überwiegende Zahl der Orte unterstand auch hoheitlicher Rechtsprechung, die in den hoheitlichen Landgerichten ausgeübt wurde (s. o.). Bei den Bewohnern dieser Orte handelte es sich im damaligen Sprachgebrauch um immediat kayserliche untertanen.
Die Waldstädte Waldshut und Säckingen mit ihren Niedergerichtsorten sowie die Einungsorte mit eigener Niederen Einungsgerichtsbarkeit unterstanden mittelbar hoheitlichem Einfluss. Im 17. Jahrhundert lag somit schließlich für weniger als die Hälfte der Orte die niedere Gerichtsbarkeit bei den Feudalherren. Obwohl das Kloster St. Blasien über die Jahre seinen Einfluss langsam aber stetig ausweiten konnte, verschoben sich die niedergerichtlichen Zuständigkeiten, insbesondere wegen der Abgabe von Orten durch das Stift Säckingen, zugunsten der hoheitlichen Seite.
Jeder Gerichtsherr hatte sein Gerichtswesen nach eigenem Ermessen organisiert. Das Kloster St. Blasien als größter feudaler Gerichtsherr hatte sein Gerichtswesen zweimal umorganisiert.
In den Niedergerichtsverhandlungen des Klosters St. Blasien hatte der Waldpropst den Vorsitz. Die Dinggerichte wurden zweimal im Jahr in Remetschwiel durchgeführt. Im Amt Gutenburg, hatte nach der Zusammenlegung der Gerichte Birndorf, Nöggenschwiel und Weilheim ein Obervogt die niedere Rechtsprechung inne.
Als Berufungsinstanz für das Dinggericht in Remetschwiel war das Wochengericht in Görwihl zuständig. Berufungsinstanzen in der Geschichte des Klosters St. Blasien waren zudem das Kammergericht und das Hofgericht unter Vorsitz des Abtes, beide in St. Blasien. Für das Gerichtsverfahren wurde ein Prozent des Streitwertes als Gebühr zuzüglich anderer Verfahrenskosten verlangt.
Vom Damenstift Säckingen werden die Kleinmeier mit der niederen Rechtsprechung erblich belehnt. Nach dem Rückkauf zum Ende des 14. Jahrhunderts wird das Amt vom Großmeier des Klosters wahrgenommen. In der Grafschaft hat das Kloster Dinghöfe in Herrischried, Murg und Oberhof. Mit dem Maien- und Herbstgeding waren zwei Gerichtstage im Jahr üblich. Während das Strafmaß in den Niedergerichten des Stiftes Säckingen auf 3 Schilling begrenzt war, wird die Obergrenze der Bußen in St. Blasien mit 10 Pfund (etwa 200 Schilling) angegeben. Die Klein- bzw. Großmeier hatten Einkünfte aus den Bußgeldern.
Die Berufungsinstanz der Niedergerichte ist das Gericht unter dem hohen Bogen in der Stiftskirche in Säckingen unter Vorsitz der Äbtissin.
In den Orten in denen die Einungen selbst für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig waren wurden die Gerichte von den Einungsmeistern unter Vorsitz des Redmann abgehalten. Die Berufungsinstanz war das Waldvogteiamt in Waldshut. In der Waldstadt Waldshut und im Dogerner Einungsort Indlekofen übte der Rat der Stadt die niedere Gerichtsbarkeit aus. Da ab 1527 der höchste Landesbedienstete in der Grafschaft, der Waldvogt, auch das Amt des Stadtschultheißen innehatte, unterschied sich dieses Gericht nur wenig von den Landgerichten. Ab 1530 wurde die Zuständigkeit des Gerichtes in der Waldstadt um die Hochgerichtsbarkeit erweitert.
Die Freileute hatten jährlich ihr eigenes Frühjahrs- und Herbstgeding. Dazu fanden sich die nied der Alb in Dinghöfen in Görwihl und Hochsal, die ob der Alb in Birkingen und Oberalpfen ein. Das Gericht hielt ein fryer hofrichter.
Wochengericht
Das Wochengericht oder auch Sechzehner-Gericht hatte weder die klassische niedergerichtliche Funktion, noch war es mit hochgerichtlichen Zuständigkeiten betraut. Im Wesentlichen war es eine Berufungsinstanz für niedergerichtliche Streitfälle. Es tagte jährlich im Mai nach den Einungsmeisterwahlen eine Woche in Görwihl unter dem Vorsitz des Waldvogts. Als Richter fungierten die acht amtierenden und die acht Einungsmeister der vorangegangenen Amtszeit. Das Gericht war auch Berufungsinstanz für bestimmte niedergerichtliche Streitfälle der feudalen Gerichtsherren.
Wirtschaftliche und soziale Struktur
In der Grafschaft Hauenstein war die Landwirtschaft mit Abstand die bedeutendste Erwerbsquelle. Da der überwiegende Teil der Anbauflächen wegen der Höhenlage, der Hanglage oder der Bodenbeschaffenheit nur eingeschränkt nutzbar war, war die Wirtschaftskraft in diesem Bereich sehr bescheiden.
Neben der Landwirtschaft gab es in einigen Orten der Grafschaft etwas Bergbau, der seinen Schwerpunkt in der Silber- und Bleigewinnung hatte. Deutlich mehr Bedeutung hatte der Bergbau in den mitverwalteten Vogteien, insbesondere in Todtnau. Aus dem Holz der Wälder gewann man zudem Holzkohle für die Silber- Blei- und Eisenhütten der Region, sowie Pottasche für die heimischen Glashütten.
Hörigkeit und Leibeigenschaft
In der Grafschaft Hauenstein teilten sich im Wesentlichen das Kloster St. Blasien und das Frauenstift Säckingen die Feudalherrschaft. In einzelnen Orten und zeitweise wurde die Feudalherrschaft zudem vom Kloster Königsfelden (später vom schweizerischen Bern), den Freiherren von Schönau und dem Baron Zweyer von Evenbach wahrgenommen. Die Feudalherrschaft bezog sich im Wesentlichen auf drei voneinander unabhängige Rechtsansprüche: Grundhörigkeit der Besitzer von Gütern der Feudalherren. Leibhörigkeit der
als dem Feudalherrn leibeigen geborenen Menschen. Niedergerichtliche Zuständigkeit in bestimmten Dörfern und Weilern.
Obwohl die Feudalherrschaft nicht auf die niedergerichtliche Zuständigkeit beschränkt war, lässt sich daraus etwa den Anteil feudaler Herrschaft der einzelnen Feudalherren in der Grafschaft ablesen (siehe dazu Tabelle 2).
Grundhörigkeit
Bei der Grundhörigkeit lasteten auf Gütern des Feudalherrn Rechtsansprüche, die der jeweilige Besitzer erfüllen musste. Diese Ansprüche konnten Zinszahlungen, Zehntabgaben und auch Frondienste umfassen.
Eine typische Grundlast ruhte auf den zahlreichen Wimännigüeter der Klöster, deren Besitzer zu Weinfuhren aus den Weingütern in der Schweiz, dem unteren Wiesental, der Region Badenweiler und dem Breisgau zu den Klöstern verpflichtet waren.
Besondere Konstellation: Der Rechtsanspruch der Grundhörigkeit führte bei Freibauern, die den Besitz damit belasteter Güter hatten, dazu, dass auch sie ggf. Rechtsansprüche wie Zehntabgaben, Güterfall oder Frondienste erfüllen mussten.
Leibhörigkeit
Die Leibhörigen waren die eigentlichen Leibeigenen der Feudalherren, was sich insbesondere durch einen Anspruch des Feudalherren auf einen Teil des Erbes manifestierte. Hinzu kamen Huldigung, Zeht-Abgaben, Beschränkung der Freizügigkeit und Frondienste.
Das Heiratsrecht der Leibeigenen mit freien Bürgern war, im Gegensatz zu anderen Gegenden nur mittelbar durch die eingeschränkte Freizügigkeit beschränkt. Eine Heiratsbeschränkung für die Leibeigenen durch die Feudalherren war überflüssig, da in der Grafschaft Nachkommen einer Ehe zwischen freien und unfreien immer leibeigen wurden.
Besondere Konstellation: Leibeigene eines Feudalherrn, die Güter eines, u. U. eines anderen, Feudalherrn bewirtschafteten, die mit Grundlasten versehen waren, waren doppelhörig.
Rechte der Feudalherren
Die Rechtsansprüche, die von den Feudalherren in der Grafschaft geltend gemacht wurden sind:
Huldigung, Eid aller über 14-jährigen Männer auf den Abt nach dessen Amtsantritt.
Jährliches Fastnachtshuhn des Hausvaters eines Haushaltes oder ersatzweise 6 kr.
Jährlich drei Tage Frondienst (Fron- bzw. Ehrtawen) des Hausvaters oder eines Stellvertreters.
Leibfall, Abgabe der Hinterbliebenen beim Tode des Hausvaters ggf. auch eines ledigen Leibeigenen.
Güterfall, Abgabe nach dem Tod eines Besitzers, ggf. auch beim Besitzerwechsel, eines Gutes eines Feudalherren. Der Güterfall wurde bei Doppelhörigen nach dem Leibfall befriedigt.
Hagestolz, die gesamte, später 1/3, der fahrenden Habe eine ledigen beiderlei Geschlechts über 50 Jahren.
Manumissionstaxe, Abgabe bei der Genehmigung des Wegzugs eines Leibeigenen aus der Grafschaft.
Zehtabgaben, verschiedene jährliche Abgaben in der Regel in der Höhe von 1/10 gemessen am Ertrag des Leibeigenen und Eingeteilt nach Produktgruppen.
Hubtuch, jährliche Abgabe an das Stift Säckingen eines Teils der erzeugten Tücher, ab 1428 eines festen Geldbetrags.
Die meisten oben genannten Rechtsansprüche sind gemäß der Praxis des Klosters St. Blasien wiedergegeben; die konkrete Ausprägung der Feudalherrschaft variierte deutlich je nach Feudalherr.
In einigen Fällen sind Verträge bzw. Genossame von Feudalherren mit Herren anderer Gebiete dokumentiert, die die Rechtsbeziehungen zu Leibeigenen, die sich außerhalb des Gebietes ihres Feudalherrn verheiraten oder niederließen, regelten.
Freibauern
In einigen Gebieten der Grafschaft Hauenstein waren Bauern angesiedelt, die, im Gegensatz zur im Mittelalter üblichen Leibeigenschaft, besondere aber nur bedingt vererbbare Freiheits- und Besitzrechte hatten. Diese Freibauern, die in historischen Schriftstücken als frygen luit, vrigen Luite oder fryen lutten genannt sind, haben überwiegend ihren Ursprung in der Besiedlungspolitik weltlicher Herren. Insbesondere in Gebieten deren Urbarmachung die Herren von Tiefenstein betrieben haben sind überwiegend Freibauern dokumentiert. So liegen die Orte in denen Freibauern bezeugt sind gehäuft westlich und östlich der Burg Tiefenstein im Albtal bzw. des mittleren Albtals. Insbesondere die Einungen Görwihl und Wolpadingen waren von Freibauern geprägt. Der Habsburger Urbar, der wenige Jahre nachdem die Habsburger auch die Herrschaft über das Kerngebiet der Grafschaft erlangt haben, entstand, sind die Freibauern dokumentiert. Reine Klostergebiete weisen keine Wohnorte von Freibauern auf. Die besonderen Rechte der Freibauern wurden überwiegend an Bauern vergeben, die die unwirtlichen Gebiete der Grafschaft urbar machten. Die Gebiete mit Freibauern befanden sich überwiegend in Hochlagen (durchschnittlicher Ortshöhe um 800 m ü. NN), die den Ackerbau stark einschränken, erhöhte Niederschläge und harte Winter aufweisen.
Verglichen mit ihren Mitbürgern, den Leibeigenen, verfügten die Freibauern über besondere Rechte:
Vererbbare Freigüter in Form von Erbleihe, über die nach freiem Ermessen verfügt werden konnte.
Uneingeschränktes Eigentum an Mobilien.
Sie waren frei in der Wahl ihres Wohnortes.
Für sie waren eigene Gerichte zuständig.
Das Tragen von Waffen stand ihnen zu.
Freiheitsrechte ohne Fronpflichten auch bei Vergabe der Vogteirechte an en Kloster.
In den frühen Jahren der Grafschaft Hauenstein gehörte eine deutlich überwiegende Anzahl der Grafschaftsbewohner zu den Freibauern. Das Recht den Freibauern anzugehören war jedoch durch eine mittelalterliche Regelung nur bedingt vererbbar. Bei einer Heirat zwischen Freibauern und Leibeigenen gingen, gemäß dieser Regelung, die Nachkommen immer zur ärgeren Hand, was bedeutet, dass sie leibeigen wurden. Die Zahl der Freibauern, die Anfang des 16. Jahrhunderts noch fast 2/3 der Grafschaftsbewohner ausmachte sank bis zum 18. Jahrhundert auf weniger als die Hälfte.
Der sich über Jahrhunderte hinweg anhaltende Streit um die Leibeigenschaft endete schlussendlich mit dem Freikauf der Hauensteiner. Am 15. Januar 1738 wurde im Gurtweiler Schloss der Loskaufvertrag der Hauensteiner von ihrer Leibeigenschaft unterzeichnet. 11500 Fallbare Leute kauften sich dabei für eine Summe von 58000 fl (florin = gulden) endgültig aus der Leibeigenschaft frei.
Ende der Grafschaft Hauenstein
Im Jahre 1806 wird das Gebiet der Grafschaft Hauenstein Teil des neu gebildeten Großherzogtums Baden und hörte damit als eigenständiges Gebilde auf zu existieren.
In allemanisch ääähhh hotzenwälderisch Sproch:
Segete oder Sägädä (uff Hochdütsch Segeten) isch e ehemoligi Gmeind im Landchreis Waldshüet und hütt e Ortsdeil vo de Gmeind Gerbel (Göhrwil). Zum Ort ghöre näbem Dorf Segete no s Ghöft Hetzlemühli (Hetzlenmühle) und s Hus Sägi (Säge).
Segete litt im Weste vo de Gmeind Gerbel, westnordwestlig vom Ortskern, und gränzt im Oste an de Ortsdeil Strittmatt und im Weste an d’Gmeind Herrischried.
Segete wird zum erschte Mol im Johr 1491 als „Segeden“ erwähnt und spöter no mol als „Segenthal“. Es hät zu de Grafschaft Hauenstein und zu de Einig Gerbel ghört. De Johann Wasmer us Segete, wo bi de Salpetererunrujje zu de Afiehrer ghört hät, isch no vor siner Verbannig uff Ungarn im Gfängnis gstorbe. Im 19. Johrhundert isch de Joseph Schäuble eine vo de rund 300 witere Ywohner gsi, wo in d’USA usgwandert sin. Er hät spöter z St. Benedict (Louisiana) e Chloster gründet und isch dört Abt gsi. Vor de Igliederig i d’ Gerbler Gmeind (Gde. Görwihl) 1975 isch de Josef Stoll de letschd Bugemeischder gsii.
S Wappe vo de ehemolige Gmeind isch 1897 festglegt worre. Es zeigt e silbrigi abgsägti Danne und e Sägi uff blauem Hindergrund. D’Sägi wyst uff de Name „Segete“ hy.
In Hochdeutsch:
In einer Höhe von 882 m NN auf der Wasserscheide zwischen Murg und Alb gelegen, tritt Segeten erst 1491 als “Segeden” und danach als “Segenthal” auf.
Der Ort gehörte einst zur Einung Görwihl in der Grafschaft Hauenstein.
Ein in Stein gehauener Doppeladler an der alten Murgbrücke bei der Hetzlenmühle erinnert an die Zugehörigkeit des Hotzenwaldes zu Vorderösterreich.
Einer der Hauptanführer der Salpeterer war der Segeter Johann Wasmer, genannt der Gaudihans. Bevor er seine Strafe—Verbannung nach Ungarn—antreten musste starb er 1747 im Gefängnis in Waldshut. Infolge der wirtschaftlichen Notzeiten wanderten im 19. Jahrhundert über 300 Personen aus dem Dorf aus, vor allem nach den USA, darunter auch Joseph Schäuble (1863 – 1955), der als späterer Benediktinerabt und Klostergründer in St. Benedict/Louisiana lange Jahrzehnte segensreich wirkte. Die Segeter Dorfkapelle wurde im Jahr 1882 erbaut.
Das Dorfwappen zeigt in Blau eine abgeschnittene silberne Tanne.
Der Stamm ist von einer silbernen Baumsäge überdeckt.
Segeten wird ursprünglich als “Segenden” und Segenthal” genannt. 1491 wird hier Sutters Säge ausdrücklich erwähnt. Die Säge im Wappen spielt auf den Ortsnamen an. Segeten führt dieses Siegel seit 1897.
Das Stempelpapier aus Vorderösterreich
Ein Patent vom 8. März 1763 ordnete die Einführung des Urkundenstempels auch in den Gebieten Vorderösterreichs (bzw. den österreichischen Vorlanden) an.
Der Sitz des 0bersiegelamtes war Freiburg im Breisgau. In den einzelnen Gebieten wurden Niederlagen des Stempelpapiers eingerichtet.
Die vorgeschriebene Stempelskala bestimmte vier Gebührenklassen und zwar für Geldbeträge bis 100 Gulden= 3 Kreuzer (IV. KIasse), von 100-500 Gulden= 15 Kreuzer (III. Klasse), von 500-1000 Gulden= 1 Gulden (II. Klasse), über 1000 Gulden= 2 Gulden (I. Klasse).
Der Beginn des Gefälles war mit 1. April 1763 festgesetzt.
Es ist jedoch zunächst nicht dazu gekommen, weil die Stände Vorderösterreichs gegen die Einführung des Gefälles in ihrem Bereiche Widerspruch erhoben. Es ist den Ständen zwar nicht gelungen, die Einführung ganz zu vereiteln, doch setzten sie eine Herabsetzung der Gebühren durch.
Ein Patent vom 26. November 1764 brachte die neue Stempelskala und ordnete den Beginn des Gefälles mit 1. Feber 1765 an.
Die ermäßigte Skala für Vorderösterreich lautete nun:
Der Stempel wird in Schwäbisch- Österreich und Breyßgau (Freiburg) den Ständen ganz überlassen gg. sofortiger Zahlung der herrschaftlichen Kriegsschulden.
In Vorarlberg aber noch weiter für Rechnung des AErarii (Römischer Tribut) bezogen.
Der 26. Nov. 1764 markiert die Ankündigung und der 1te Februarii 1765 die endgültige Einführung des Stempelpapiers in den österreichischen Vorlanden (Breisgau und Schwaben) und in der Stadt Konstanz.
Eingeführt wurde ab 1. Februar 1765 der Urkundenstempel mit den Stempelwerten:
Bis 100 Gulden = 3 Kreuzer (IV. Klasse), Von 10-500 Gulden = 10 Kreuzer (III. Klasse), von 500-100 Gulden = 30 Kreuzer (II. Klasse), Über 1000 Gulden = 1 Florin = Gulden (I. Klasse), Beträge unter 1 Gulden blieben stempelfrei. Für die Wertstufen 3 Kreuzer und 1 Gulden kamen die in Österreich für die gleichen Werte in Gebrauch befindlichen Signetten in Verwendung, so daß nur die Signetten zu 10 und 30 Kreuzer geschaffen werden mußten.
Für den Breisgau jedoch wurden von vornherein alle Signetten Werte neu angeschafft, welche den Buchstaben „B“ als besonderes Erkennungszeichen erhielten.
Im Jahre 1782 wurden für ganz Vorderösterreich (Vorlande) neue Signettenformen für alle 4 Werte in Gebrauch genommen, welche die Buchstaben V. Oe. = V.order Oe.sterreich als Stempelamtszeichen trugen. Die alten Signetten mit dem Stempelamtszeichen „B“ wurden weiter verwendet. Unterscheidungen der Breisgau und Schwaben Signetten sind gegeben.
Stempelpapier- Briefkopf
Ver Gleich End Zwischen
Joseph Scheubli von Segeten
und
Catharina Dommenin
von Nider Gebisbach.
Der obere Teil der ersten Seite vom gestempelten Papier = Stempelpapier
Der untere Teil der ersten Seite vom gestempelten Papier = Stempelpapier
Transcription:
Kundt und zu Wißen Seye, daß Joseph Scheubli von Segeten, und, Ein unEhliches Kind er zeuget haben, mit Namen Frantz Scheubli, Also thuet obgeschriebener Joseph Scheubli als Vatter, dem Frantz Scheubli Nachfolgendes Versprechen wie folgt, …….
1tens thuet Er dem Kind, an Seinem Leibs Brauch zu Curieren versprechen Ein Luitor oder 16 f 3 kr i. Jahr.
2tens Verspricht Er Ihme = 30 f auch (?) zu einer Handierung (Handwerk) zu Lehrnen.
3tens Verspricht Er obgeschriebenem Frantz Scheubli, im Gelt (Geld) Mit Georgi 1788- 100 f ……. von welchen die Muther Catarina Dommeni, Aljährlich den Zins dar von zu beziehen hat, bis das Kind 12 Jahr alt ist, und sole mit Georgi 1789, das Erste Mahl versinset werden, und sofort an bis, daß Capital wirt bezalt sein, Weiders sole er Frantz Scheubli an seinem Vatter Nichts zu Erben haben.
Wan Es aber sach wehre, daß er Nauten (?) Frantz Schäubli früoh (früh) Zeitig solte mit Todt abgehen, so solen von den Stibulierten (versprochenen) 100 f dem Vatter 70 f und der Muether (Mutter) 30 f Erblich zu falen.
So (?) Kundt desen (dessen) haben sich beyde theil Aigen händig underschriben und Ein wohl Löbl: K: K: Waldvogteyamt um die zu behörige Ratification Gehorsamstlich wohlen (ergänzend: gebethen haben).
Segeten den 3ten Febr. 1788
Bescheiniget Johannes Matt
Geschworne alda
Das bekennt ich Josebh Scheüble
wie ob. stet.
Anm. Fehlende Textstellen dürfen sehr gerne ergänzt werden!
Kürzel im Text:
Löbl: K: K. = Löblich Kaiserlich, Königliches Waldvogteiamt
f oder fl = florin = gulden
kr = kreuzer
Der Louis d’or auch Louisd’or oder Louisdor ist eine französische Goldmünze
Ein 3 Kr. (Kreuzer) Signett = Stempelmarke mit den Kürzeln: V. Oe. für V(orderOe(sterreich
Im Wappen links der aufsteigende Löwe der Landgrafschaft Breisgau und rechts das quer gesteifte österreichische Bindenschild
Landgrafschaft Breisgau
Die Landgrafschaft Breisgau war eine Grafschaft im heutigen Breisgau. Der Name Brisgavi wird schon zur römischen Zeit erstmals genannt, der Begriff als Landgrafschaft ist ab 700 fassbar und aus der Zeit der Herzöge von Zähringen, die aus ihr hervorgingen. Sie wurde wegen ihrer Größe schon um 900 in eine Obere und eine Untere Grafschaft geteilt, die je einen Grafen hatte. Sie grenzte im Norden an die Mortenau und im Westen an den Sundgau, im Süden an den Albgau. 1318 verheiratete Markgraf Heinrich von Hachberg seine Schwester Anna an den Grafen Friedrich von Freiburg und gab ihr mit Bewilligung seiner Brüder und Vettern die Landgrafschaft Breisgau pfandweise für siebenhundert Mark Silber zur Ehesteuer, jedoch auf ewige Wiedereinlösung und mit dem Vorbehalt des Rückempfangs ihrer Dörfer durch das Reich. Die Landgrafschaft Breisgau verblieb bis 1395 bei den Grafen von Freiburg, in diesem Jahr übergab Graf Konrad von Freiburg die Landgrafschaft seinem Schwager, dem Markgraf Rudolf von Hachberg. Durch verschiedene Schulden sah er sich 1398 gezwungen Leopold Herzog von Österreich die Landgrafschaft zu treuen Händen zu übergeben. Nach Nutznießung und Bezahlung der Verbindlichkeiten, welches der Herzog Leopold auch einhielt, sollte die Landgrafschaft wieder zurückgegeben werden. Doch es kam anders, denn der Sohn des Herzogs Leopold, Friedrich IV. (Tirol), dachte nicht daran die Schulden zu begleichen, noch mehr: er betrachtete die Landgrafschaft insgesamt, also auch die untere Grafschaft (Sausenberg), als sein Eigentum, er behauptete dieses sei durch erfolgten Kauf unwiderufbar, konnte jedoch nie einen Kaufbrief vorweisen. Graf Hans von Freiburg, dem Sohn Konrads gelang die Rückgewinnung von Badenweiler. Alle anderen Anstrengungen und auch ein Waffengang halfen nichts: Die Landgrafschaft blieb bei Österreich und wurde Bestandteil der Vorlande. Nur die untere Grafschaft Sausenberg blieb beständig bei den Markgrafen von Hachberg. Dennoch mussten die Hachberger später noch 320 000 Gulden für den Verbleib von Sausenberg, Badenweiler und Röteln an Österreich zahlen. Der Anfall des österreichischen Breisgaues an das Haus Baden durch Napoleon war also für dieses nicht eine neue Akquisition, sondern vielmehr der endliche Wiedereintritt in ein uraltes, ihm bisher gewaltsam vorenthaltenes Besitzrecht.
Wappen der Landgrafschaft Breisgau
Verträge sind gut, wenn sie denn eingehalten werden, was Joseph Schäubli/Scheubli/Scheübli aus Segeten nicht getan hat und deshalb dieses Urteil vom 28. Oktober 1788 wegen Nichtbezahlens von Unterhaltsansprüchen für das uneheliche Kind, die im vorangegangenen Vertrag zu Segeten vom 3ten Febr.1788 geschlossen worden sind.
Ausgestellt vom Kaiserlich Königlichen Waldvogteiamt
Transcription:
Urtheil. Aktennummer: 940
In Schuldvorderungssachen Catharina Dommeni von Nidergebisbach iedem Joseph Schäubli von Segeten wird in Contum: zu Gericht erkannt:
Daß Beklagten schuldig ist der Klägerin 143.f. (florin) 3 kr. (kreuzer) samt Zinsen binnen 14.Tagen bei Vermeidung der Execution zu bezahlen.
Waldshuth den 28. Obris (Oktobris) 1788
Kaiserl. Königl.
Waldtvogteiamt
Ein 10. Kr. (Kreuzer) Signett = Stempelmarke mit den Kürzeln: V. Oe. für V(order Oe(sterreich. Das geteilten Wappenschild zeigt uns links den aufsteigenden Löwen der Landgrafschaft Breisgau und rechts das rot/weiß/rot quer gesteifte österreichische Bindenschild.
Quelle: Stempelpapier Sammlung von Gunter Wagner Filderstadt und Wolfgang Morscheck Bad Säckingen
Das Wappen der Landgrafschaft Breisgau ist ein Kupferstich v. Reilly 1791 und in meinem Besitz.
Meine Studien über den Stempelpapier- Impost aus den Vorlanden, vor dem Arlberg, Vorderösterreich bzw. aus dem Herzogtum Modena, auch Herzogtum Breisgau genannt, von Wolfgang Morscheck Bad Säckingen 2004
https://als.wikipedia.org/wiki/Segeten
https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Hauenstein