Die vielen Kriege in Europa und in der ganzen Welt, mit Gebietsbesetzungen und Zurückeroberungen sind für uns wirklich interessierten Fiskal-philatelisten noch völlig unbekannte Gebiete in unseren Sammelgebieten, die überhaupt erst einmal ausgeforscht werden müssen. So z. B. der Siebenjährige Krieg, dieser gilt als erster Weltkrieg überhaupt und nur diese Epoche wird uns sicher noch viele unbekannte Stempelpapiere auffinden lassen.
Im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 kämpften mit Preußen und Großbritannien/Kurhannover auf der einen und der kaiserlichen österreichischen Habsburgermonarchie, Frankreich und Russland sowie dem Heiligen Römischen Reich auf der anderen Seite alle europäischen Großmächte jener Zeit. Auch mittlere und kleine Staaten waren an den Auseinandersetzungen beteiligt. Der Krieg wurde in Mitteleuropa, Portugal, Nordamerika, Indien, der Karibik sowie auf den Weltmeeren ausgefochten, weswegen er von Historikern gelegentlich auch als ein Weltkrieg angesehen wird.
Während Preußen, Habsburg und Russland primär um die Vorherrschaft in Mitteleuropa kämpften, ging es für Großbritannien und Frankreich auch um die Vorherrschaft in Nordamerika und Indien. Obgleich sich auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen auch neue Strategien der Kriegsführung etablierten, gilt der Siebenjährige Krieg als einer der letzten Kabinettskriege. Aus globaler Sicht ging es um das geo- und machtpolitische Gleichgewicht in Europa und um die ihm zugeordneten Kolonien, um die Einflussnahme auf die transatlantischen Seewege, um die Vorherrschaft über die außereuropäischen Stützpunkte etwa in Afrika oder Indien sowie um Handelsvorteile. Aus preußischer Sicht wurde der Siebenjährige Krieg auch als Dritter Schlesischer Krieg bezeichnet; hier standen unmittelbare territoriale Interessen zunächst im Vordergrund.
In Nordamerika sprachen die Briten vom French and Indian War oder Great War for the Empire, die Franzosen vom La guerre de la Conquête. Die britische Invasion der Philippinen im Jahre 1762 hieß aus spanischer Sicht Ocupación británica de Manila. Die Kampfhandlungen auf dem indischen Subkontinent werden Dritter Karnatischer Krieg genannt. Die Kriege endeten im Jahre 1763. Die beteiligten Staaten schlossen im Februar des Jahres die Friedensverträge von Paris und von Hubertusburg. Als Ergebnis stieg Preußen zur fünften europäischen Großmacht auf, was den Dualismus mit Österreich vertiefte. Frankreich verlor seine vorherrschende Stellung in Kontinentaleuropa und große Teile seiner Kolonialgebiete in Nordamerika und Indien an Großbritannien, das damit endgültig zum dominierenden Weltreich wurde.
Die Rückkehr Ostpreußens durch die Russen im Jahre 1762
Die russische Besetzung Ostpreußens hinterließ bemerkenswert wenige Spuren. Es geriet in den folgenden Generationen weitgehend in Vergessenheit und wurde bisher auch vom Historiker nur mangelhaft behandelt. Umso wichtiger scheint es, die Geschichte Ostpreußens im “Siebenjährigen Krieg” anhand von Aufzeichnungen zu behandeln. Mit dem Eintritt des Zarenreiches in das gegen Preußen gerichtete Bündnis Anfang Februar 1757 beabsichtigte die russische Seite nicht, Ostpreußen endgültig zu behalten.
Sie wollten diese Region lieber im Austausch gegen das Herzogtum Kurland Polen überlassen; hier war die Absicht relevant, eine bequeme Handelsroute vom Schwarzen Meer zur Ostsee durch russisches Territorium zu schaffen. Ostpreussen spielte daher für die Russen nur die Rolle eines Faustpfandes, dessen sie sich in der internationalen Politik bedienen wollten. Hinzu kam die günstige strategische Lage der dortigen Häfen, die der zarischen Flotte als auch im Winter Eisfreie Stützpunkte für ihre Operationen in der westlichen Ostsee dienen konnten. Insofern war die Besetzung der Provinz ein wichtiges Kriegsziel des Petersburger Hofes, das allerdings erst im zweiten Anlauf- der Vorstoß Apraksins war trotz des Sieges bei Groß-Jägersdorf Ende August 1757 gescheitert, im Januar des folgenden Jahres verwirklicht werden konnte.
Auf Befehl des Generals Fermor, der zum Generalgouverneur der Provinz ernannt wurde, mußte die ostpreußische Bevölkerung der Zarin Elisabeth huldigen, was vielerorts den Glauben erweckte, das besetzte Land solle zum Bestandteil des russischen Staates gemacht werden, doch tatsächlich war nur dadurch beabsichtigt, dass die russische Regierung vor möglichen feindlichen Aktionen gegen die Besatzer geschützt wurde von den dort lebenden Bewohnern. Dafür spricht auch, daß in der 1758 benutzten Eidesformel die Versicherung, ein “treuer Untertan der Kaiserin sein zu wollen”, fehlte.
Die Ersetzung des preußischen Adlers durch den russischen auf Siegeln und Münzen sowie an den Amtsgebäuden diente lediglich dem Zweck, den gegenwärtigen Besitzstand kenntlich zu machen und diese Kaiserlichen Insignien wurden sofort auf das preussische Stempelpapier übertragen.
In der Literatur stimmten die Autoren darin überein, die russische Regierung in Ostpreußen als relativ mild zu bezeichnen. Die preußischen Behörden wurden unter russische Aufsicht gestellt, konnten aber ihre Aufgaben weiterhin wahrnehmen.
Mit guten Gründen, denn der Tod von Zarin Elisabeth und die Thronbesteigung ihres Neffen Peter III. wurden als entscheidende Ereignisse des Siebenjährigen Krieges in der historischen Forschung beschrieben. Letzterer, ein leidenschaftlicher Bewunderer Friedrichs des Großen, versuchte mit Fredericks Hilfe, sein angestammtes Land Gottorf / Gottorp zurückzugewinnen, schloss Frieden und schloss ein Bündnis mit Preußen. In Ostpreußen ließ der Peters-Beitritt alles so, wie es für einige Zeit war. Die Provinz huldigte dem neuen Kaiser und sandte eine Deputation nach St. Petersburg, um die Kriegslasten zu lindern, vor allem die Beiträge und das Geld für die Rekruten. Die Kosten für die Deputation mussten von der Kriegs- und Domänenkammer (zwei Drittel) und vom ostpreußischen Adel (ein Drittel) getragen werden.
Im Anhang dieses Beitrags wäre noch eine Liste der von ihr veröffentlichten Aristokraten aufgeführt, die sich im Bezirk des Justizkollegiums von Neuhaus befanden und 1762 zu diesen Deputationskosten beitragen mussten. Trotz aller Vereinbarungen wurde der Rückzug der Russen aus der Provinz nur schleppend verwirklicht und kam nach Katharinas II. Machtübernahme, die das Bündnis ihres Mannes mit Preußen aufhob, vollständig zum Erliegen. Erst am 6. August 1762 gab der russische Gouverneur Voejkov auf Befehl der Zarin ein Manifest heraus, in dem Ostpreußen erneut unter die preußische Königsherrschaft gestellt wurde. Trotz dieser Erklärung zog sich die Evakuierung der Provinz durch die Russen bis Ende 1762 hin.
Kammerpräsident Domhardt, der später in Anerkennung seiner erfolgreichen Tätigkeit zum Ritter geschlagen wurde, verdiente sich bei der Beseitigung von Kriegsschäden in Ostpreußen.
Am 8. Januar 1758 schrieb der „Président de la chambre de Gumbinnen“, der 45-jährige Präsident der Kriegs- und Domänenkammer in Gumbinnen, Johann Friedrich Domhardt, an König Friedrich II.: „Meine Pflichten nötigen mich, Eurer Majestät zu übermitteln, dass ich in diesem Moment, abends um 7 Uhr, sichere Mitteilungen erhalte, dass sich die russische Armee unter ihrem Oberbefehlshaber Fermor an diesem Morgen in Marsch gesetzt hat, teils aus Memel, teils aus Samogitien, wo deren überwiegender Teil bis jetzt kantonniert war, um von Neuem feindlich in die preussischen Staaten einzudringen. Aus dem, was man sagt, nimmt eine Kolonne dieser Armee den Weg geradewegs über Labiau zur Hauptstadt Koenigsberg, und der andere über Tilsit und offensichtlich viel weiter, um alle anderen Gegenden zu besetzen.“ (Original in französischer Sprache).
Friedrich antwortete Domhardt darauf aus Breslau am 16. Januar 1758: „Ich habe denjenigen Bericht, welchen Ihr Mir unter dem 8. dieses Monates auf die Euch zugekommene Nachricht von einer abermaligen Invasion derer Russen in Preussen und Euren Orten erstattet habet, gestern allhier erhalten und gebe Euch darauf die Antwort, wie ich bisher noch alle Mühe habe, diese an sich ganz ohnangenehme Nachricht zu glauben, weilen solche mit allen Meinen andern wegen der russischen Affairen sonst anderer Orten her erhaltenene Rapports gar nicht einstimmet, und Ich also von Euch noch mit dem fordersamsten die nähere und positivere Nachricht, wie weit obgedachtes Gerüchte gegründet gewesen oder nicht, gewärtigen will. Sollte jedoch wider Verhoffen mehrerwähntes Gerüchte gegründet und eine Invasion zu vermuthen oder gar schon der Anfang davon geschehen sein, so bleibt vorerst nichts anders übrig, als dass . . .“ (Auszüge aus Band 16 der Politischen Correspondenz Friedrich‘s des Grossen. Berlin 1888, S. 180)
Domhardts Nachrichten sollten sich bewahrheiten und nach dem Einfall russischer Truppen in Ostpreußen im Vorjahr stand die Provinz in jenen Tagen wieder bereits mitten in einer russischen Besetzung, die mit dem Einzug der russischen Armee in Königsberg am 22. Januar 1758, 6 Tage nach König Friedrichs II. ungläubiger Antwort an Domhardt – begann und bis zum Spätsommer 1762 dauern sollte.
Die verbliebenen preußischen Verwaltungen mussten – ebenso wie die gesamte Provinz – der Zarin Elisabeth I. den Treueeid schwören – ein Verhalten, das Friedrich der Große den Ostpreußen nicht verzieh und nach dem Siebenjährigen Krieg nie wieder einen Fuß auf den Boden dieser (nicht verteidigten) Provinz setzte.
Siebenjähriger Krieg aus Sicht Rußlands
Elisabeth und ihre Regierung waren an einer Expansion nach Westen interessiert, wobei ihr Augenmerk auf Lettland, und zwar Semgallen und das Herzogtum Kurland gerichtet war. Diese standen allerdings unter der Oberhoheit von Polen-Litauen. Elisabeth wollte Polen dafür mit Ostpreußen entschädigen. So kam ihr der Krieg gegen Preußen, für den Österreich Verbündete suchte, gerade recht.
Am 31. Dezember 1756/10. Januar 1757 trat Russland dem Versailler Vertrag bei, im Mai/Juni 1757 rückte eine große russische Armee unter dem Kommando des Feldmarschalls Apraxin in Ostpreußen ein. Es folgte am 19./30. August 1757 der Sieg in der Schlacht bei Groß-Jägersdorf. Genau zu dieser Zeit erlitt Elisabeth einen Schlaganfall und man erwartete ihren Tod. Nun war aber die preußenfreundliche Politik des Thronfolgers allgemein bekannt. Trotz des Erfolges befahl Apraxin, wie er behauptete, wegen mangelhafter Verpflegung infolge Versagens des Nachschubs, den Rückzug nach Tilsit, weil er fürchtete, im Falle einer Thronbesteigung Peter Fjodorowitschs bestraft zu werden.
Apraxin wurde verhaftet und des Verrates angeklagt, starb aber schon vor Beendigung des Verfahrens an einem Schlaganfall in Narwa. Zum Oberbefehlshaber der Truppen wurde General Saltykow ernannt. Ein Jahr nach Großjägersdorf, am 14./25. August 1758, wurde das russische Heer in der Schlacht von Zorndorf besiegt. Darauf wurde Ostpreußen von der russischen Armee geräumt. Die Schlachten von Kay am 12./23. Juli 1759 und von Kunersdorf am 1./12. August 1759 konnten die Russen wiederum für sich entscheiden. Doch waren die Verluste gewaltig. Saltykow meldete der Kaiserin: „Ihre Majestät darf über unsere Verluste nicht überrascht sein, denn sie weiß ja, dass der König von Preußen seine Niederlagen teuer verkauft. Noch ein zweiter solcher Sieg und ich werde mit einem Stecken in der Hand nach Petersburg pilgern und die Nachricht, wegen Fehlens von Meldereitern, selbst überbringen müssen.“
Doch war die Kaiserin mit der zögerlichen Kriegstaktik Saltykows unzufrieden. Verärgert und unzufrieden, über seinen schlechten Gesundheitszustand klagend, bat er um seinen Abschied, den man ihm im September 1757 gewährte. Zum neuen Oberkommandierenden wurde nach vorübergehender Vertretung durch Fermor der frühere Geliebte Elisabeths, Buturlin, ernannt, eine völlige Fehlbesetzung. Dennoch besetzten russische Truppen vom 28. September/9. Oktober 1760 für drei Tage Berlin. Der Siebenjährige Krieg forderte von Russland ungeheure Kraftanstrengungen und brachte den Staat an den Rand des Ruins (Inflation). Der Krieg war auch die Hauptursache, warum die durchaus ehrgeizigen Reformpläne der Elisabeth-Zeit nicht in die Tat umgesetzt werden konnten: Alle Kräfte wurden vom Krieg in Anspruch genommen.
Russisches Geld, welches in der Münzstätte in Königsberg geschlagen worden ist
(Die Münzen und die Stempelpapier Herstellung waren eng miteinander verknüpft.)
In der Zeit des siebenjährigen Krieges 1756 bis 1763 gab es in Preussen keine gesonderte Stempelpapier- Kriegsauflage.
Quellen:
- Brandenburg/Preussische Stempelpapiere Sammlung von Gunter Wagner Filderstadt und Wolfgang Morscheck Bad Säckingen.
- Geheimes Staatsarchiv Preussíscher Kulturbesitz I.HA Geheimer Rat, Rep.63.Neuere Kriegssachen- Nr. 1302.
- Die Rückgabe Ostpreußens durch die Russen an Preußen im Jahre 1762, von Stefan Hartmann,
- https://de.wikipedia.org/wiki/Siebenj%C3%A4hriger_Krieg,
- https://muenzenwoche.de/die-russen-in-koenigsberg-ein-numismatisches-zeugnis-des-siebenjaehrigen-krieges/,
- https://de.wikipedia.org/wiki/Ostpreu%C3%9Fen.