Das Kalenderwerk war primär ein ökonomisches und kein wissenschaftliches Unternehmen. Seine Erträge, das wußte Leibnitz ebenso wie die Berliner Freunde, entscheiden über den Start der Neugründung. Wollten sie den Markt in die Hände bekommen, mussten sie auf Massenabsatz, auf die Kalenderansprüche und Gewohnheiten breiter Käuferschichten setzen. Und die mir vorliegende Denkschrift über die im Archiv des Astronomischen Rechen-Instituts in Heidelberg befindlichen Konvolutes von 31 Schriftstücken, die das Kalenderwesen in Preußen aus der Zeit von 1700 bis 1854 betreffen, die ist meiner Ansicht weit hergeholt und berücksichtig die Stempelsteuer ansich, die es schon als indirekte Steuer im Kurfürstentum Brandenburg seit 1632/1650/1682 gab, wurde dabei erst gar nicht berücksichtigt.
Obschon das Edikt als Gründungsurkunde angesehen werden kann, weil der Bezieher im Edikt ausdrücklich genannt wird, was ansonsten in den mir vorliegenden Edikten zur Stempelpapierabgabe aus vielen Altdeutschen Ländern nicht sehr oft vorkommt, aber es gibt Ausnahmen in Stempelsteuer Edikten, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Dann war natürlich die ganze Sache auch eine politisch gewollte Abtrennung des gemeinen Volkes von den Ereignissen der Welt (Pressezensur) und eine Gleichschaltung der Meinung (Meinungsmonopol), um bequemer regieren zu können und Aufstände zu vermeiden. Hier eine völlig andere Sicht vom geschichtlichen und zeitlichen Ablaufes von einem, der darüber schon sehr früh recherchiert hatte, nämlich ein Karl Freiherr von Lebedur im Jahre 1878 in seinem Buch „König Friedrich I. von Preußen“, mit den über den Kalenderstempel relevanten Textauszüge daraus.
Lebedur schreibt 1878: Als Gottfried Wilhelm Leibnitz, (geb. den 1. Juli 1646 zu Leipzig, gestorben 14. Nov. 1716, der 1699 Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Paris geworden war, hegten den Plan, auch in Berlin eine solche gegründet zu sehen. Seine Ideen umfassten das Gesammtgebiet der Wissenschaft. Zuvörderst gewann er die Kurfürstin Sophie Charlotte für die Gründung einer Akademie der Wissenschaften, ebenso den Hofprediger Jablonski. Dieser speiste eines Tages bei Sophie Charlotte und die Kurfürstin drückte ihm mit Bedauern aus, daß eine Residenz wie Berlin, die der Sammelpunkt so vieler Gelehrten, noch nicht einmal im Besitz einer Sternwarte sei. Jablonski sprach mit Dankelmann und dieser mit dem Kürfürsten und regte dadurch den Plan dazu in demselben an. Sophie Charlotte verhandelte jedoch auch selbst mit ihrem Gemahl darüber, daß es nothwendig sei, zur Hebung der Wissenschaften eine Gesellschaft zu gründen. Sie wies darauf hin, daß Ludwig XIV. mit der Errichtung einer Akademie vorangegangen, was umso wirksamer war, als jener König in manchen, besonders äußerlichen Dingen Friedrich zum Vorbilde diente, obgleich er dessen Politik auf das Energischte bekämpfte. Zuerst ward an die Einrichtung eines astronomischen Observatoriums gedacht, über welches bereits im Jahre 1697 zwischen Leibnitz und Jablonski in einem Briefwechsel die Rede gewesen war. Es wurden Räume dazu über dem neuen Marstall an der Ecke der damaligen Letzten (jetzt Dorotheen=) und Charlotten- Straße zum Umbau angewiesen. Den Bau begann Nehring, aber erst am 19. Januar 1711 ward er durch Grüneberg vollendet und die nöthigen Instrumente, Quadranten etc. angeschafft. Ehe dies geschah war jedoch eine andere Sternwarte durch einen Privatmann angelegt worden. Der Geheime Rath Bernhard Friedrich von Krosegk, ein großer Liebhaber der Sternkunde, hatte nämlich im Jahre 1705 ein Haus, das wahrscheinlich in der Wallstraße lag, zu diesem Zwecke bauen lassen. Der Baustil desselben soll damals ganz besondere Aufmerksamkeit erregt haben; das Haus hatte zwei Thürme, von denen der eine nach Süden, der andere nach Norden lag, um den gestirnten Himmel durch Fernröhre beobachten zu können. Hierzu war Krosegk mit zwei Astronomen in Verbindung getreten, von denen einer Namens Peter Kolbe, später auf seine Veranlassung eine Reise nach dem Kap der guten Hoffnung zu wissenschaftlichen Zwecken machen mußte. Die Beschreibung dieser Reise erschien 1719 in Nürnberg. Auch andere Astronomen, wie Gottfried¹ und Christoph Kirch², Johann Heinrich Hofmann und Wilhelm Wagner³, benutzten Krosegks Observatorium. Krosegk starb 1714 in Holland.
¹ Gottfried Kirch, geboren zu Gruben, verfertigte den astronomischen Kalender
² Christoph oder Christfried Kirch, Sohn von Gottfried Kirch
³ später Professor in Hildburghausen
Durch die Ankunft des berühmten Leibnitz ward die Errichtung einer Akademie der Wissenschaften die bisher nur Plan war, verwirklicht. Leibnitz überreichte dem Kurfürsten einen Aufsatz, in welchem auseinandergesetzt war, wie sehr durch Beförderung der Wissenschaften, Handel und Gewerbe, so auch die Ausbildung des Heeres befördert würden und schlug vor, um die Kosten der Akademie zu decken, derselben die Einnahmen für den Verkauf des neuen Kalenders und guter Schulbücher zu überweisen, auch derselben das Privilegium auf Papierfabrikation zu ertheilen. Am 18. März 1700 beschloß endlich der Kürfürst auf Grundlage des ihm von Leibnitz und Jablonski vorgelegten Entwurfes die Akademie der Wissenschaften neben dem Observatorium zu gründen und das Protektorat derselben selbst zu übernehmen. Nachdem Leibnitz hiervon durch die Kürfürstin benachrichtigt worden war, beeilte er sich deutsche Denkschriften über diese Stiftung nach Berlin zu schicken. Es heißt in denselben: „Solche Societät mußte nicht auf bloße Kuriosität und Wißbegierde und unfruchtbare Experimente gerichtet sein, sondern man müsse gleich anfangs das Werk auf den Nutzen richten und auf solche Specimina denken, davon der hohe Urheber Ehre und das gemeine Wesen ein mehreres zu erwarten Ursache habe. Wäre demnach der Zweck, die Theorie mit der Praxis zu vereinigen und nicht allein die Künste und Wissenschaften, sondern auch Land und Leute, Feldbau, Manufakturen und Comercien und mit einem Wort die Nahrungsmittel zu verbessern“. Die Societät- sollte sich deshalb mit allen Zweigen der Verwaltung in Beziehung setzen, zugleich aber auch die Verbreitung des Christenthums im Auge behalten, hautsächlich in China, wodurch den „Völkern, die noch im Finstern sitzen, das wahre Licht angezündet werde, „dieweil die Wissenschaft und der irdische Himmel bequem gefunden worden, die verwirrten Menschen, gleich wie der Stern die morgenländischen Weisen zu dem so recht himmlisch und göttlich ist, zu führen, dadurch ein Commercium nicht nur von Waaren und Manufacturen, sondern auch von Licht und Weisheit mit dieser gleichsam andern civilisirten Welt und Anti- Europa einen Eingang finden dürfte. So auch viele Fremde anlocken würde, des Churfürsten von Brandenburg Protection dazu zu suchen, zumal bekannt, daß unter allen europäischen Naturalien fast nichts in China mehr gesucht und geführt werde, als der Bernstein“, etc. Leibnitz ward nach Berlin eingeladen und kam im Mai 1700 dort an, der Vermählungsfeierlichkeit der Prinzessin Louise Sophie wegen konnte die Einweihung jedoch erst am 11. Juli 1700 stattfinden, nachdem bereits unter dem 10. Mai 1700 ein Edikt über die neuen Kalender² erlassen.
² Im September des Jahres 1699 beschlossen die evangelischen Reichsstände auf dem Immerwährenden Reichstag in Regensburg für das Jahr 1700 die Einführung eines „Verbesserten Kalenders“ in den protestantischen deutschen Staaten, um die Kalenderrechnung den astronomischen Gegebenheiten anzupassen, ohne dazu den von Papst Gregor XIII. 1582 dekretierten gregorianischen Kalender übernehmen zu müssen, der sich jedoch nur unwesentlich unterschied. Erst 1775 konnten die evangelischen Reichsstände zur vollen Übernahme des gregorianischen Kalenders – mit dessen Osterberechnung – durch Friedrich II. bewogen werden. Die Einführung des verbesserten Kalenders erfolgte im Februar 1700 und ließ auf den 18. Februar des julianischen Kalenders den 1. März folgen.
(Wir Friderich der Dritte, […wollen, daß] das Calender-Wesen auf einen verbesserten Fuss gerichtet und daneben dahin abgeziehlet worden, wie künftig die Zeit-Rechnung nach dem Astronomischen Calculo und Observationen des Himmels geführt und wie billig verbessert werden möchte.” Kalender-Patent vom 10. Mai 1700, zit. nach: A. v. Harnack, Geschichte der Kgl. Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1900, II:87ff.)
So geschehen Cölln² an der Spree, den 10. May Anno 1700.
² Berlin war zu der Zeit nur ein Stadtteil auf der anderen Seite der Spree, Residenzstadt war also demnach Cölln. Erst zum 1. Januar 1710 wurden die fünf bis dahin unabhängigen Städte Dorotheenstadt, Friedrichstadt, Friedrichswerder und die Doppelstadt Cölln- Berlin, einschließlich Neu-Cölln am Wasser, zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt, aber vorher taucht bei erlassenen Verordnungen nie Berlin auf, immer nur Cölln a. d. Spree!!
Text des gedruckten Kalenderpatents von 1700
Wir Friderich der Dritte, von Gottes Gnaden, Marggraf zu Brandenburg, des Heil. Röm. Reichs Ertz-Cammerer und Churfürst, in Preussen, zu Magdeburg, Cleve, Jülich, Berge, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, auch in Schlesien zu Crossen Hertzog, Burggraf zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt, Minden und Camin, Graf zu Hohenzollern, der Marck und Ravensberg, Herr zu Ravenstein und der Lande Lauenburg und Bütow. Fügen hiermit jedermänniglich zu wissen;
Nachdem aus Landes-Väterlicher Vorsorge Wir allezeit dahin bedacht gewesen, wie in unserm Churfürstenthum und Landen, nicht nur die Handlung und Gewerbe, sondern auch nützliche gute Künste und Wissenschafften, zum besten des gemeinen Wesens und derer Einwohner mehr und mehr gepflantzet, und in Auffnehmen gebracht werden möchten, Wir auch zu solchem Ende, so wohl in dem einem als den anderen verschiedene nützliche Etablissemens zu stifften, keine Gelegenheit vorbey gelassen; Und es dann auch durch des Höchsten Gnade vor weniger Zeit dahin gediehen, daß durch einen unter denen Evangelischen Reichs-Ständen gefasseten einmüthigen Schluß, das Calender-Wesen auf einen verbesserten Fuß gerichtet, und dabeneben dahin abgeziehlet worden, wie künfftig die Zeit-Rechnung nach dem Astronomischen Calculo und Observationen geführt, und wie billig verbessert werden möchte: Daß Wir dahero veranlasset, und bewogen worden, in Unsern hiesigen Residentzien ein Observatorium des Himmels, und Societatem Scientiarum in Physicis, Astronomicis, auch sonsten in Mathematicis, Mechanicis und andern dergleichen nützlichen Wissenschafften und Künsten anzurichten, und mit gelehrten Gliedern, guten Gesetzen, benöthigten Gebäuden, auch anderen erforderten Bequemlichkeiten und Unterhaltungs Mitteln, dergestalt zu versehen und zu beneficiren, daß sowohl die abgeziehlte Aufnahme der Wissenschafften in Unsern Landen erreicht, als auch die in gedachtem Regensburgischen Schluß an Hand gegebene, an sich selbst hochnöthige Observationes zu Verbesserung der Astronomie vorgenommen werden können; Gestalt dann dieses sehr nützliche Werck unter Unserm besondern eigenem Schutz und Ober-Direction durch ordentliche Zusammenkünffte und Anstellung der Observationen mit nechstem seinen Anfang nehmen wird. Alldieweilen Wir nun denen bey diesem Unserm Observatorio und Societät bestellten, in der Stern-Rechnung so wohl, als Observationibus geübten Astronomis zu Verhütung aller Unordnung, die Ausrechnung und Verfertigung, der gantzen Societät aber, den Verlag derer verbesserten oder sonst üblichen Calender, in allen Unsern Chur- und übrigen Landen aus eigener hohen Bewegniß, um so viel mehr in Gnaden auffgetragen, und sie damit alleinig und privativ`e privilegiret haben, damit die bißhero so häuffig im Schwange gewesene, theils unrichtige, theils ärgerliche und mit ungeziemenden Lügen-Historien, nichtigen Weissagungen, auch schandbahren Gesprächen mehrentheils angefüllete, sonsten aber von einigen der schweren und mühsamen Stern-Rechnung zumahlen unerfahrnen Leuten nur ausgeschriebene Calender, von nun an und allezeit aus Unsern Landen gehalten, hingegen aber an deren statt der Societät richtige, mit nützlichen Astronomischen und andern Materien versehene Calender, welche Unsere Societät mit einem gewissen Kupffer oder Zeichen zu bemercken hat, eingeführt, dabeneben auch das für jene ausgegangene Geld künfftig im Lande behalten werden möge; So haben Wir nöthig erachtet, solche Unsere gnädigste Willens-Meynung, und wie Wir es deßhalb weiter gehalten wissen wollen, durch dieses Unser wohlbedachtes Edict jedermänniglich bekand zu machen. Demnach setzen, ordnen und wollen Wir Krafft dieses, daß ausser denen, von obgedachten Unsern ietzigen und künfftigen Astronomis und Societät ausgerechneten und verlegten Calendern, von nun an und zu allen künfftigen Zeiten, so wenig in Unser Chur-Marck als allen übrigen Unsern Provintzien, Hertzogthümern, Fürstenthümern, Graf- und Herrschafften, auch Städten und Gebieten, wo die auch seyn, keine andere Calender, sie seyn von was Format, Kupfferstich, Druck oder Art sie immer wollen, sie mögen auch gemacht, verlegt oder gedruckt seyn wo sie wollen, weder gedruckt, noch verlegt, noch auch von Unsern Unterthanen oder Frembden eingeführt, verkaufft oder geduldet, sondern hierdurch schlechter dings aller Orten, auch auf allen Jahrmärckten verboten und verbannet seyn sollen; dergestalt, daß nicht allein die Buchbinderund andere, welche den Calender-Handel in Unsern Landen, es sey aus Concession und Vergönstigung, oder sonsten bißhero gehabt oder künfftig haben werden, keine andere, als der Societät Calender einkauffen und verkauffen sollen; Sondern Wir wollen auch, daß alle andere Unsere Unterthanen, welche derer Calender zu ihrer Haußhaltung benöthiget seynd, gehalten seyn sollen, bloß und allein von der Societät Calendern zu kauffen und zu gebrauchen. Es wäre dann, das ein oder der ander neben der Societät Calender, auch den so genannten Luttichschen Calender in 12. zu seiner Curiosität zu haben verlangte, welchen zu verschreiben und zu haben hierdurch zwar gestattet wird, es soll aber dennoch keinem erlaubt seyn, dergleichen zu feilen Kauff zu haben noch auffzulegen. Welcher nun von Unsern Unterthanen, oder von Auswärtigen in Unsern Landen, deme zu wider zu handeln sich unterstehen, oder einen frembden und mit der Societät Zeichen nicht bemerckten Calender bey sich finden lassen wird, derselbe, wann er mit Calendern handelt, sol von jeden frembden Stück ohne Unterscheid Einhundert Rthlr. wann er aber den Calender nur vor sich und zu seiner Nothdurfft eingekaufft hat, von jedem Stück Sechs Rthlr. Unerlaßlicher Straffe, auf beschehene Anzeige, ohne alles Nachsehen, angesichts zu erlegen, nechst Confiscirung der Exemplarien, angehalten werden; Von welcher Straffe 1/5 dem Denuncianten, dessen Nahme auch nach Möglichkeit verschwiegen zu halten, 1/5 dem Fiscali so es befordert, 1/5 dem Richter so es beytreibet, 1/5 denen Armen des Orts, und endlich 1/5 der Societät ausgereicht, und darüber richtige Rechnungen jedes Orts gehalten, und alle halbe Jahr der Societät eingesandt werden sollen; Wann aber dergleichen Straffe etwan ohne Zuthun des Fiscalis oder eines Denuncianten eingebracht wird, so soll alsdann derer abgehenden Antheil denen übrigen zu gleichem Theilen zuwachsen.
Damit aber die Buchbinder oder wer sonsten Calender verkaufft, derer von der Societät verlegten Calender, eben so bequem, wie bißhero derer verbotenen von Nürnberg, Leipzig und andern Orten, habhafft werden mögen: So wird die Societät dahin sehen, daß deren eine gnugsame Anzahl nicht allein in hiesigen Unsern Residentzien, sondern auch in einigen andern Unsern Städten, als Magdeburg, Stargard, Minden und andern Orten, um billigen Preiß, und zu rechter Zeit bey der Hand seyn, damit Unsere Lande aller Orten versorget werden können.
Es wird auch gedachte Unsere Societät, wann auch anderen Orten Observatoria angelegt, und gute Calender publica authoritate verfertigt werden solten, dahin sehen, daß sie deren anschaffe, und mit ihrem Zeichen bemercke, damit hernach ein oder ander Liebhaber, jedoch nach Bezahlung des gedoppelten Preises der andern Calender, damit versehen werden könne. Wegen des besorgenden Unterschleiffs aber, und damit hierdurch die Einführung frembder Calender nicht wieder gemein werde, wollen Wir, daß deren Verkauff der Societät bey obstehender Straffe, gleichfals privativ`e und sonst niemanden erlaubt seyn solle; Wir befehlen auch entlichen, nicht allein dem bey der Societät bestellten, und allen übrigen Unsern Hof- und andern Fiscälen in allen Unsern Landen überall, hiermit gnädigst und ernstlich, auf die genaue Beobachtung dieses unsers Edicts ein wachsames Auge zu haben, und keinen Unterschleiff zu gestatten, sondern Wir wollen auch und befehlen hiermit gleichfals in Gnaden, allen Unsern Regierungen, Befehlshabern, Drosten, Amtleuten, Magistraten, Richtern und Obrigkeiten, wie die Nahmen haben mögen, in allen Unsern Landen, über dieses Unser Edict nun und zu allen Zeiten eigentlich und scharff zu halten, denen Denuncianten und Fiscalen schleunige Hülffe und Vorschub ohne Verstattung der geringsten Weitläufftigkeit oder Processe, wiederfahren zu lassen, und die verwürckte Straffe ohne alles Ansehen der Person, Rückfrage und Zeit-Verlust ohnfehlbarlich zu exequiren.
Auf daß aber dieses Unser Edict zu jedermans, so wohl auswärtiger als einländischer Wissenschafft gelange, und hiernechst niemand mit der Unwissenheit sich zu entschuldigen habe, sondern sich ein jeder vor Schaden und ohnfehlbarer Bestraffung hüten möge; So haben Wir dasselbe nicht nur in öffentlichen Druck bringen lassen, sondern Wir wollen auch, daß es aller Orten in Unserer Chur-Marck und allen übrigen Unsern Provintzien und Landen von denen Cantzeln abgelesen und kund gemachet, auch an nöthigen Orten, sonderlich in denen Städten und Marcktflecken ¨offentlich angeschlagen werde.
Dessen zu Uhrkund haben Wir dieses Edict eigenhändig unterschrieben, und mit Unsern Churfl. Insiegel bekräfftiget; So geschehen Cölln an der Spree, den 10. May Anno 1700.
Friderich. Graf von Wartenberg.
(L. S.)
Am 10. Mai 1700 erhält die Societät der Wissenschaften vom Churfürsten von Brandenburg¹ das Kalender-Patent und damit das alleinige Recht zur Herstellung von Kalendern in Brandenburg.
¹ Das Königreich Preußen entstand erst durch die Standeserhebung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und souveränen Herzogs in Preußen zum König in Preußen Friedrich I. am 18. Januar 1701 in Königsberg, aber in der Abhandlung über die Gründungsurkunde wird im Jahr 1700 der Churfürst von Brandenburg schon als König tituliert!!
Um den Kalenderhandel unter Kontrolle zu halten und Unterschleife schnell zu erkennen, wurden seit 1700 alle in Brandenburg-Preußen vertriebenen Kalender mit einem „Stempel“ versehen: Die Großen Kalender mit einem großen und die kleinen Kalender mit einem kleinen Stempel.
Im ersten Jahr war das ganze Verfahren sehr umständlich und Leibnitz bemerkt dazu, in Berlin und Königsberg wurden Foliobögen mit der Hand gestempelt und an die Faktoren versandt, die die Bögen auseinanderschneiden und eine Stempelmarke auf jeden einzelnen Kalender „aufleimen“ mussten, auf mehr als 70.000 Kalender.
Vom nächsten Jahr an lief das einfacher. Die Stempel wurden auf das Titelblatt jedes „Sozietätskalender“ eingedruckt¹. Stempelmarken wurden nur noch für zugelassenen Kalender anderer Hersteller verwendet:² größtentheils für die französischen Kalender des Berliner Hugenotten Druckers Robert Roger bis 1702 und Arnauld Dussarat seit 1703, für die im Clevischen stark verbreiteten holländischen Kalender.³
Die Stempelei erfolgte zentral in Berlin unter Aufsicht der Kalenderfaktors Papen. Die Faktoren erhielten eine ausreichende Zahl an Bögen zugeschickt und musste die unverbrauchten Stempelmarken als Rechnungsbelege zurück senden. Davon haben sich zufällig einige Bögen in Konzilsakten* erhalten: große Stempel mit einem Adler und kleine Stempel mit einer Krone, jeweils 80 auf einem Bogen.
¹ Aus Sicherheitsgründen war der Druck der Titelbögen in Berlin zentralisiert (Schlechtiger), nur im ersten Jahr auch
in Magdeburg (Müller).
² Eine detaillierte jährliche Aufschlüsselung enthalten die Societätsrechnungen
³ Seit 1707/1708 hatte sich hier der Umsatz auf 50 große und 3000 kleine Stempel eingependelt
* ZA AdW- I-VIII-92, Bl. 23 – 31, (aus Königsberg).- Größe jedes Bogens: 38,6 cm breit und 30,5 cm hoch.
Eine Faktorei gab es Berlin, Cleve, Hamm, Halberstadt, Halle, Königsberg, Magdeburg, Stargard
Eine Druckerei gab es in Berlin, Danzig, Frankfurt a. d. Oder, Halle, Königsberg, Magdeburg, Minden, Stargard
Weitere verordnete Edikte zum Kalenderstempel in Preußen:
- Edikt vom 24. August 1702: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (M6,2-14/31)
- Edikt vom 12. April 1712: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (M6,2-68/125)
- Edikt vom 14. Dezember 1723: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (M6,2-161/255)
- Edikt vom 7. März 1744: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (ohne Quelle für den Volltext; Zusammenfassung bei Scotti (1826b, No. 1451, S. 1329).
- Verordnung vom 6. November 1754: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (C1/1754-75/703)
- Verordnung vom 18. November 1754: Erinnerung an das Verbot fremder Kalender (C1/1754-79/707)
- Circular vom 31. Oktober 1765: Verpachtung des Kalenderwesens (C3/1765-ad105/1101),
- Circular vom 21. November 1765: Verpachtung des Kalenderwesens (C3/1765-105/1101),
- Verordnung vom 18. Oktober 1772: Kalenderpatent für die Provinz Klein-Preußen (C5b/1772-59/567)
- Verordnung vom 28. Oktober 1772: Verbot fremder Kalender in West-Preußen (C5b/1772-61/569)
- Circular vom 25. Januar 1774: Zur Auflistung von Daten von Jahrmärkten im Kalender (C5d/1774-6/49)
- Verordnung vom 24. April 1796: Ausdehnung des Kalenderpatents auf die neu erworbenen Provinzen (C10/1796-38/310)
- Verordnung vom 31. August 1800: Zur Umrechnung von Daten des Julianischen Kalenders in den Gregorianischen Kalender (C10/1800-51/3050).
Die Texte dieser Edikte, Verordnungen und Circulare sind bei C. O. Mylius (1751) und S. von Coccejus (1753-1822) veöffentlicht worden.
Das aber steht nicht im Kalenderpatent
Bald darauf erschien die Stiftungsurkunde¹ über die Akademie der Wissenschaften, in der es heißt: „Solchen nach soll bei dieser Societät unter andern nützlichen Studien, was zur Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer anständigen Reinigkeit, auch zur Ehr und Zier der deutschen Nation gereicht, absonderlich mit gesorgt werden, also daß es eine deuschgesinnte Socialität der Scientien sei, dabei auch die ganze deutsche, und sonderlich Unsern Landen weltliche und Kirchhistorie nicht versäumt werden solle“. Dieser Punkt war auf ausdrücklichen Befehl des Kürfürsten als ein hauptsächlicher in der Stiftungsurkunde aufgenommen worden. Ferner hieß es: „Und wollen, daß dieselbe sich angelegten sein lassen solle, daß vermittelst der Betrachtung der werke und wunder Gottes in der Natur auch Anmerkung, Beschreib- und Ausübung derer Erfindungen, Kunstwerken, Geschäften und Lehren, nützliche Studien, Wissenschaften und Künste excolieret, gebessert, wohlgefaßt und recht gebraucht, sondern auch vermehrt und wohl angewendet werden möge“. Ferner: „und wollen männiglich in Unsern landen, sonderlich aber die in unserer Bedienung stehen, auch die sonst Dependenz von Uns haben, zumalen aber alle, die denen Studien ergeben, nach jeder Gelegenheit, der Societät zu ihrem gemeinnützigen Zweck die Hand möglichst zu bieten, nachdrücklich angewiesen haben“ etc. Von dem Kurfürsten ward zum Praeses honorarius der Akademie der Staats Minister Marquard Ludwig von Prinzen, zum ordentlichen Präsidenten dagegen Gottfried Wilhelm Leibnitz ernannt. Sekretär der Akademie ward Johann Theodor Jablonski, Bruder des Hofpredigers, Erzieher des Prinzen von Schwedt, der durch seine Uebersetzung des Tacitus einen Namen erworben hatte.
Die Akademie ward in 4 Klassen geteilt:
- Physico- Medica. Direktor: der geheime Hof- und Bergrath, sowie erster Leib-Medikus Theodor Christoph Krug von Nidda.
- Die Mathematische Klasse. Direktor: Joh. Jak. Chuno.
- Historico philologica Germanica. Beschäftigte sich mit der deutschen Sprache und der Geschichte. Direktor: der Rath Bibliotheker und Antiquarius Karl Schott.
- Historico- philologica Eccles et Orientalis beschäftigte sich vorzugsweise mit morgenländischer Wissenschaft und Sprachkunde. Direktor: der Hofprediger Daniel Ernst Jablonski.
¹ Also kann für mich das Kalender Patent von 1700 doch nicht als Gründungsurkunde angesehen werden, wenn es denn noch eine Stiftungsurkunde gab? Ich stelle das hier einfach mal zur Diskussion!!
Bei dem Observatorium war als erster Astronom der damals rühmlichst bekannte, schon oben erwähnte, Gottfried Kirch angestellt, der auch den Auftrag hatte, jährlich den Kalender zu verfertigen. Nach seinem Tode erhielt 1709 der Ingenieur bei dem Cops de Cadets Joh. Heinrich Hofmann, dessen Stelle. Bis zur Vollendung des Baues der Akademie ward den Mitgliedern dieser Gesellschaft ein Saal im Königlichen Schlosse eingeräumt; erst am 19. Januar 1711 war es möglich, die für die Akademie bestimmten Räume feierlich einzuweihen, wobei der Etatsminister und Praeses honorarius daselbst von Prinzen eine Rede hielt, die durch den Hofprediger Jablonski erwidert ward, nachdem der Minister von Prinzen das Siegel der Gesellschaft, so wie die Schlüssel zu dem Observatorio und zu den dazu gehörigen Societäts= Hofe überreicht habe. Zugleich ward bei dieser Feierlichkeit eine silberne Schaumünze vertheilt, auf deren vorderen Seite das Brustbild des Königs mit der gewöhnlichen Umschrift auf der Rückseite ein gegen das Sternbild des himmlischen Adlers sich aufschwingender Adler mit dem Spruche: „Cognata ad sidera tendit“ und einem Abschnitte die Worte: „Societas Scientiarum Regia fundata Berolini optimi Principis natali XLIV“ zu sehen waren.
Viel leistete die Akademie, wie es scheint, im Anfange nicht, woran wohl hauptsächlich der Mangel an Geldmitteln die Ursache war, da sie jährlich nur 400 Thaler Einkünfte hatte, ungeachtet der Bemühungen des Ministers von Prinzen, sie zu vergrößern¹. Der Vorschlag, den Leibnitz machte, durch Veranstaltung einer Lotterie zum Besten der Akademie dieser größere Einnahmen zu verschaffen, wurde abgelehnt, dagegen empfahl der König durch Versuche mit der Zucht von Seidenwürmer sich Einnahmen zu verschaffen. Dass die Akademie sich auch wirklich damit beschäftigt und deshalb seit 1709 Maulbeerbäume anpflanzen ließ, ist aus der Geschichte zu ersehen, doch scheint der Erfolg sehr ungenügend gewesen zu sein. Eben dies läßt sich von der Ausführung eines Werkes sagen, das Friedrich der Akademie anempfahl, nämlich der Anfertigung eines „Deutschen Wörterbuches“ mit welcher Arbeit Joh. Leonhard Fritsch beauftragt wurde. Auf Befehl Friedrichs ward auch zum Gebrauch der Akademie und deren 4 Klassen eine Bibliothek angelegt, das Geschäft eine Bibliothekars derselben versah der Sekretär der Akademie, der zugleich die Aufsicht über das neu angelegte Münz-Kabine versah. Zu rechter Bedeutung kam die Akademie unter Friedrichs Regierung nicht, noch weniger unter seinem Sohne und Nachfolger; erst unter Friedrich II. Regierung nahm sie eine ausgezeichnete Stellung ein.
Die Gebühren für die Berechnung und Vertreibung des Grundkalenders durch die astronomische Einrichtung dienten nach Leibniz Konzept – und nach einer Idee des Jenaer Universitätsprofessors der Mathematik, Erhard Weigel, – als Finanzierungshilfe für die Societät und waren für lange Zeit die nahezu einzige Einnahmequelle der Institution.
¹ Wenn ich aber die mir vorliegende Ausarbeitung über die angebliche Gründungsurkunden, dem Kalenderstempel Edikt von 1700 lese, dann kommt mir dies wie den höchsten Tönen herausposaunt vor, aber diese Gründung der Wissenschaftliche Socieität liest sich hier von einem fast Zeitgenossen beschrieben, eher ganz anders!!
Kalenderdrucker in Brandenburg und Preußen:
- Frankfurt-Oder: 1700 – 1704 Johann Coepselius, bisher Drucker und Verleger von Grünbergs Kalendern. 1704 – 1711 Johann Christoph Steppin, Universitätsbuchdrucker
- Halle: 1700 – 1702 Maria Saalfeld, Buchdruckerwitwe. 1702 – 1745 Johann Montag, Universitäts- und Ratsbuchdrucker, vorher Faktor der Saalfeldischen Druckerei bzw. seine Witwe.
- Königsberg: 1715 – 1730 Johann David Zaencker bzw. seine Witwe.
- Magdeburg: 1700 – 1703 Johann Daniel Müller, bisher Drucker und Verleger eigener Kalender
- Minden: 1701 – 1737 Johann Nicolaus Ernst, druckte 1703 – 1704 Hildebrands „Stargardischen Biblischen Kalender“ und 1706 Paters „Danziger Kalender“, beides Konkurrenzunternehmen der „Sozitätskalender“.
Hier die J. Th Jablonskis Zustandsbeschreibung vom Juni 1715
Nachricht wegen des Calenderdrucks
Druck: Der HaushaltungsCalender vor die Mark und Pommern ist bei Schlechtigern alhie, der von Magdeburg und Halberstadt bei Montagen zu Halle, und der vor Minden und Cleve zu Minden bei Detlefsen gedruckt. Die Auflagen jedes orts sind ist aus denen Manualien zu sehen. Der Preußische QuartCalender ist vor diesem zu Stargard, der SedezCalender aber zu Danzig gedruckt worden. Diesen hat man ersten 1708, hernach auch den QuartCalender bei gelegenheit der Pest¹ von Stargard hiher gezogen. Und weil man gelegenheit gefunden mit eben den Kosten und in gleicher Güte wie hir, die Calender zu Königsberg selbst aufzulegen, ist solches beliebt, und mit dem Drucker in diesem Jahr ein Contract aufgerichtet (Vertrag mit Zaencker vom 23. Februar), auch der Anfang mit den anhang des QuartCalenders gemacht worden. Der Contract liegt, wie die andern in einem convolut unter der Rubrik und Name deßen mit dem er geschlossen worden, und in dem Fach, von deßen Buchstaben des Namen des Orts anfängt, hie Zänker, als der Name des Druckers unter K. Der Drucker Ernst von Stargard hat sich unlängst wegen des Calenderdrucks gereget, wie hierbei Lit. A zu sehen. Das Schreiben ist noch nicht beantwortet, weil es keine Zeit gegeben es vorzutragen, damit ein schluß darüber gefaßet werde.
Es wird aber doch wol nötig sein, damit er heimlich nicht lose Händel mache. Der Astronomische Calender wird hie bei Schlechtigern, wie der Historische bei Weßeln gedruckt. Die kleinen in 32 Blätchen und SchreibtafelCalender druckt Weßeln auch, und den großen Tafeln- oder Comptoir Calender Schlechtiger. Montag druckt außer dem Haushaltungs- auch den Octav,- den Sedetz,- Haus auch den Schreibe Calender, den LangDuodez mit Märkten, und den Reise,- und Post-Calender. Detlefsen zu Minden, druckt neben dem Haushaltungs- auch den Sedez-Schreibe Calender, und den Sedez 1 Bogen. Die Auflagen allerseits aus den Manualien zu ersehen.
¹ Im Frühjahr 1710, als die Pest im Herzogtum Preußen und Teilen von Pommern wütete und das Land längere Zeit vom Außenverkehr abgeschnitten war.
Papier: Die Berlinischen Drucker werden mit Papier verlegt, der Hallische und der Mindische schaffen es selbst, nach denen Contracten so mit ihnen geschlossen, wiewol in folgenden jahren der Preis des Papiers sonderlich zu Minden etwaß gestiegen. Der Druck ist auf 11 ß (Schilling) Roth und Schwarz, und auf 5 ½ ß (Schilling) Schwarz allein gesetzet, außer wann die Auflage so gering daß sie ballenweise kann bezahlt werden. Und weil mit der Anschaffung des Papiers zu Berlin¹ es viel mühe, kosten, und in der Rechnung allerhand Weitläufigkeit gibt, wäre es zuträglicher, wenn mit den Druckern aufs neue contrahiert, und die Anschaffung miteingedungen würde.
¹ Der Berliner Faktor Papen kauft das Papier vorallem bei den Papiermühlen von Kloß (Belzig), Fleureton (Prenzlau) und Ziem (nicht ermittelt)
Versendung: Der Berlinische Factor versendet die hiesigen HaushaltungsCalender in die Mark und Pommern, die historischen- Astronomischen und Kleinen in die Provinzen, wo sie hingehen.
Der Hallische, versendet seine HaushaltungsCalender nach Magdeburg und Halberstadt, die Octav- Duodez- und Sedez- allenthalben wo sie hingehen, vornehmlich nach Berlin, von daraus auch Pommern versehen wird. Dr Mindische vertuht seinen druck allein nach Hamm und Wesel.
Einem jedem Factor so zugleich die distribution hat, wird eine designation, waß und wieviel von seinem druck er jedes orts versenden soll; und allem Factoren jedem besonders eine designation waß er zu empfangen hat, gegen Michaelis zugefertiget.
Die Titel werden alle zu Berlin gedruckt, und von daraus in die Provinz versendet. Sonst ist die Distribution des Drucks mit solchem Vortheil eingerichtet, und seither geraumer Zeit in gang gewesen, daß sie wol so bleiben könte. Insonderheit nunmehr wittwe Weßelin gebeten, das daßjenige waß auser dem Preußischen Kalender bei ihr gedruckt wird, ferner so gelaßen werden möchte. Und weil sie ohne den Mann ihre Haushaltung gut führen kan, als vorhin, könnte ihr hierunter wol willfahret werden.
Gestempelte Kalender: Den französischen Calender¹ hat Dusarrat auf seine Kosten verlegt, und läßet ihn Stempeln. Die OctavCalender geben 4 φ (Pfennnig) die Blätchen aber 2 φ (Pfennig).
¹ Der Berliner Buchhändler Roger und sein Geschäftsnachfolger Dusarrat gaben eigene Calender für die Hugenotten heraus. Den „Almanach astronomique- historique et economique“ und einen kleinen Calender.
Wolfgang² läßt seine Calender auch stempeln, und gibt conclusi concilij…1713 auch 4φ (Pfennig).
² Der Augsburger Wolfgang, den Friedrich I. 1704 als Hofkupferstecher nach Berlin geholt hatte, um die Krönungsgeschichte von 1701 zu illustrieren, gab auf Grund eines königlichen Spezialprivilegs, seit 1705 jährlich einen großen und einen kleinen genealogischen Kupferkalender (als Einblattdruck?) heraus. Diese Kalender ließ er nicht stempeln, trotz des Konzilsbeschlusses, stattdessen überließ er Sozietät je 12 Exemplare seiner Kalender.
Auflagenhöhe und Absatz der Kalender: Absatz, Einnahmen und Erlöse (in Thalern) der großen und kleinen Kalender und zum Vergleich: der Astronom Kirch erhielt 500 Thaler Jahresvergütung bei freier Wohnung im Observatorium.
Jahr | Auflagenhöhe | Absatz | Verkaufsanteil | Einnahmen (Thl.) | Erlös.(Thl.) |
---|---|---|---|---|---|
1701 | 111.000 | 70.336 | 63% | 6.348 | 2.192 |
1704 | 111.908 | 83.878 | 73% | 6.158 | 2.860 |
1708 | 108.370 | 99.132 | 91% | 5.708 | 3.964 |
Bis 1811, ab da übernahm der König selbst die Steuereinnahme in Eigenregie von den Kalendern, blieb das Kalender-Patent die wichtigste Einnahmequelle der Akademie.
In eigener Sache und nach Lage der Dinge und der gesammelten Texte sehen wir, meine Mitstreiter und ich das folgendermaßen: Das Edikt ist eine Gründungsurkunde, da die Gründung im Edikt extra und zuvoerderst erwähnt wird, gibt es ein Fragezeichen. Gleichzeitig ist natürlich dieses Edikt auch ein Kalender Stempeledikt, da eine Kalenderabgabe verfügt wird. Weiterhin ist das Kalenderstempel Edikt eine Verfügung, aus der hervorgeht, dass die Finanzierung des gesamten wissenschaftlichen Apparates über die Kalendersteuer erfolgen soll. Die ist ja eine Besonderheit, da diese Steuern zweckgebunden erhoben werden, was wohl selten vorkommen dürfte, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Schliesslich ist der Kalenderstempel in diesem Falle ein Kontrollinstrument, um erlaubte Kalender von den nicht erlaubten zu unterscheiden, eine staatliche indirekte Steuereinnahme. Diese Parallelen werden sich meiner Meinung nach in keinem weiteren Steueredikt auffinden lassen, oder doch?
Ja, in dem Fürstentum Lippe wird verfügt, das der Kalenderstempel dem Armenhaus zukommen und wg. der Finanzierung dieser Anstalt extra das Kalenderstempelsteuer Edikt aufgelegt worden war, denn ansonsten gab es in dieser Herrschaft eine weitere Stempelsteuer nicht. Ja, auch der preussische Churfürst hatte schon 1632 ein Stempel- Edikt erlassen (den Papieraufschlag über das Gnadensigill) zur Finanzierung der Revenue und Chargen Kasse, auch hier waren die Einnahmen vom gestempelten Papier zweckgebunden.
Ja, mit weiteren, vom Kurfürsten von Brandenburg initiierte Stempelsteuer Edikte, in den Jahren 1632, 1650 und 1651 mit der Stempelabgabe vom Kanzleipapier- Urkundenpapier, wonach diese Stempelsteuer- Einnahmen nur zur Finanzierung der Garde der Langen Kerls auch zweckgebunden war.
Aber meistens wird in aller Regel in den Edikten einer Stempelsteuer nicht angemerkt, speziell für unser aller Sammelgebiet, dazu zähle ich immer den Spielkarten- den Kalenderstempel und auch den Zeitungsstempel dazu, für welchen speziellen Zweck dieser Steuerstempel verwendet werden sollen.
Aber Ausnahmen, siehe oben, bestätigen die Regel. Was bleibt ist noch, dass diese Gründungsurkunde der Akademie der Wissenschaften auch als ganz frühes Beispiel einer Kalendersteuer zu betrachten ist, obschon der Kalenderstempel selbst, keine Wertangabe im Stempel selbst oder außerhalb aufweist, diese aber auf alle Fälle auf meiner Homepage aufzuzeigen sind.
Zeittafel Berlin im Jahr 1700
10. 01. In Brandenburg-Preußen und damit auch in Berlin wird der Apotheker-Eid eingeführt.
30. 01. Das Konsistorium der Französisch-Reformierten Gemeinde erhält die Erlaubnis zum Bau einer Kirche in der Friedrichstadt.
03. 02. Durch kurfürstliches Patent wird vorgeschrieben, »zu welchen Stunden die Accise alhier ausgegeben werden soll«. So waren die Einwohner der Residenzstädte gehalten, diese »in den Frühstunden« zu erlegen.
10. 03. Die Spandauer Apotheker Daniel Erasmus und Joachim Ernst Zander werden vom Rat aufgefordert, sich innerhalb von vier Wochen nach Berlin zu begeben, um ihren Apotheker-Eid zu leisten. Der Eid war in Brandenburg im Januar eingeführt worden.
19. 03. Kurfürst Friedrich III. stimmt endgültig der Gründung einer »Societät der Wissenschaften« in Berlin zu. Ihren Platz sollte sie in der Dorotheenstadt finden.
19. 03. Der Hofprediger Daniel Ernst Jablonski wird vom Entschluss des Kurfürsten unterrichtet, »ein Observatorium und eine Academie des Sciences in Berlin zu etablieren«. Damit begann die beurkundete Geschichte der Akademie der Wissenschaften.
23. 03. Der Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski teilt mit, daß Kurfürst Friedrich III. der Gründung eines »Observatorii« und einer »Academiae Scienciarium« in der »Chur-Brandenburgischen Residentz« zugestimmt habe.
03. 04. Es ergeht ein »Anderweitiges Edict von der Wagen- und Peruquen-Steuer« in den Residenzstädten.
08. 04. Durch kurfürstliches Patent wird das »Hôtel de Refuge« (Asyl für Kranke, Arme und Alte) der Französisch-Reformierten Gemeinde zu Berlin gegründet.
19. 04. Die Krämergilde beschwert sich bei den Behörden über die Praktiken der jüdische Kaufleute und Gewerbetreibenden, die sie als lästige Konkurrenz empfanden.
27. 04. Kurfürst Friedrich III. erläßt ein Reskript, demzufolge die neue Friedrichstadt einen Markt erhalten solle. An dessen Seiten sollten zwei Kirchen liegen, eine deutsche südlich und eine französische nördlich.
10. 05. Kurfürst Friedrich III. erläßt eine Verfügung, nach der die zu gründende Societät der Wissenschaften mit der Herausgabe amtlicher Kalender beauftragt wird. Vom 18. Februar 1700 an galt für die evangelischen deutschen Länder der Gregorianische Kalender.
11. 05. Kurfürst Friedrich III. verleiht Johann Kasimir Kolbe, Reichsgraf von Wartenberg, durch Patent das Amt eines »General-Erb-Post- Meisters«.
17. 05. Der Sozietät der Wissenschaften (AdW) wird ein Kalendermonopol genehmigt. Sie hatte das ausschließliche Recht auf Herstellung und Vertrieb von Kalendern und erzielte dadurch Einnahmen, die sich im ersten Jahr ihres Bestehens auf 6 500 Taler beliefen.
18. 05. Der Astronom Gottfried Kirch wird Mitglied der Societät der Wissenschaften. Er erhält den Auftrag, alljährlich »allein gültige Kalender« herauszugeben, astronomische Beobachtungen anzustellen und Ephemeriden (Stellungen der Gestirne) zu berechnen.
31. 05. Bei der Hochzeit der brandenburgischen Prinzessin Luise Dorothea wird »in dem Saale über der Grotte des Schloßgartens in Berlin des Abends Tafel gehalten … von da man … die Blumenbeete … wie auch die vielen Wasserkünste übersehen konnte«.
03. 06. Aus Anlaß der Feierlichkeiten zur Hochzeit der Prinzessin Luise Dorothea Sophia mit dem Erbprinzen Friedrich von Hessen-Kassel findet im Königlichen Hetzgarten in der Neuen Friedrichstraße eine große Bärenhatz statt.
19. 06. Während einer Audienz bei Kurfürst Friedrich III. in Schönhausen wird der Gelehrte Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz mit der Abfassung der Stiftungsurkunde für die Akademie der Wissenschaften betraut.
23. 06. Kurfürst Friedrich III. verfügt, daß die zur kirchlichen Versorgung der französischen Flüchtlinge aus der Schweiz von Amtskammerrat Merian bereitgestellte Scheune in der Luisenstadt zu einer Kirche ausgebaut wird.
11. 07. Die Kurfürstlich-Brandenburgische Sozietät der Wissenschaften (ab 1711 Akademie der Wissenschaften) wird in Berlin gegründet. Kurfürst Friedrich III. ernannte Gottfried Wilhelm von Leibniz zu ihrem ersten Präsidenten.
17. 07. Prediger François Fétison weiht die Behelfskapelle in der Scheunenstraße (Luisenstadt), der späteren Kommandantenstraße, ein. Sie existierte unabhängig vom französischen Konsistorium und war dem Maison de Refuge (Altersheim) unterstellt.
27. 07. Es wird ein »Patent« erlassen, »daß ausser dem verpflichteten Aufschwemmer niemand Holtz in denen Residentzien aufschwemmen soll«.
31. 07. Berlin und Hamburg treffen ein Abkommen über die Schiffahrt auf Spree, Havel und Elbe.
04. 08. Kurfürst Friedrich III. erteilt dem Provisor Christoph Schmedicke das alleinige Privileg, in den neuen Berliner Vorstädten St.- Jürgen-, Stralauer und Spandauer Vorstadt Apotheken zu betreiben.
12. 08. Kurfürst Friedrich III. bestätigt das am 31. Juli 1700 zwischen Berlin und Hamburg geschlossene Abkommen über die Schiffahrt auf Spree, Havel und Elbe.
16. 08. Der erste Direktor der Berliner Sternwarte, Gottfried Kirch, beginnt in der Letzten Straße (Dorotheenstraße, Mitte) erste meteorologische Beobachtungen durchzuführen und aufzuzeichnen.
23. 08. Kurfürst Friedrich III. erläßt ein verschärftes Edikt, demzufolge in den Residenzstädten mit Einbruch, Einsteigen oder anderer Gewaltanwendung begangene Diebstähle mit dem Strange zu bestrafen sind.
27. 08. Charles Etienne Jordan (Carl Stephan Jordan) wird in Berlin geboren. Der Gelehrte war Berater und Vertrauter Friedrichs II. sowie Mitbegründer der Loge »Aux trois Globes«, die zur Mutterloge der Berliner Freimaurer wurde.
30. 08. Das »Fuhr-Reglement in denen Residentzien« wird erlassen. Wer »mit Pferden, Carossen, Chaisen, Land-Kutschen und Caleschen« in den Residenzstädten ein Fuhrgewerbe betreiben wollte, mußte sich beim »General-Erb-Post-Ambt« in eine »Rolle« eintragen lassen.
28. 10. Es wird ein Patent (eine Verordnung) bekanntgegeben, demzufolge auf Befehl von Kurfürst Friedrich III. eine Allee nach Friedrichsfelde angelegt werden soll.
01. 12. Kurfürst Friedrich III., der spätere König Friedrich I., erläßt eine Anordnung, nach der die Berliner künftig die Straßen zweimal wöchentlich zu reinigen haben.
07. 12. Das »Reglement vor die in hiesigen Residenzien sich aufhaltenden Juden« wird erlassen.
14. 12. Es ergeht eine kurfürstliche »Resolution, wegen derer Wachten und Einquartierung in denen Residentz-Städten und wegen Freyheit der Eximirten« (Freigestellten).
31. 12. Am Silvestertag wird in Berlin ein Regenbogen beobachtet. Dieses »war ein liebliches Zeichen bei Beschluss des alten Jahres, ja gar eines Seculi«.
Quelle: Wikipedia freie Enzyklopädie, dazu Informationen aus meiner Arbeitsunterlage „Der Stempelpapier- Impost aus dem Churfürstentum Brandenburg/Königreich Preußen von 2006, Leibnitz und seine Akademie (Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Berliner Societät der Wissenschaften 1697 – 1716), herausgegeben von Hans-Stephan Brather im Akademie Verlag 1993, commons.wikimedia.org/wiki/File:Kalenderpatent.jpg, „Die Archivalien des Astronomischen Rechen-Instituts zum Kalender in Preußen“, Edition der Dokumente von Roland Wielen und Ute Wielen, Astronomisches Rechen-Institut Zentrum für Astronomie an der Universität Heidelberg, Heidelberg 2011, Karl von Lebedur „König Friedrich I. von Preußen,, Leipzig 1878. Karten Edikt und Anschreiben aus dem Stadtarchiv und Wiss. Bibliothek Soest, Signatur A 670.